Vitamine erhöhen das Sterblichkeitsrisiko? Lesen Sie die Wahrheit!

Vitamine erhöhen das Sterblichkeitsrisiko? Lesen Sie die Wahrheit!

Die im Jahr 2007 publizierte Meta-Analyse von Bjelakovic gehört zu den am meisten beachteten Publikationen, die zeigen, dass die Einnahme von antioxidativ wirksamen Supplementen (insbesondere Betacarotin, Vitamin A und Vitamin E) zu einer erhöhten Mortalität führen sollen.

Seit einigen Monaten gibt es immer wieder Sendungen dazu in den dritten Programmen im Fernsehen, die genau diese Studie zum Anlass nehmen, Nahrungsergänzungen als völlig überflüssig darzustellen.  Schon vor längerer Zeit hatte ich einen Newsletter zu dieser auch als "Kopenhagen-Studie" bekannten Veröffentlichung geschrieben.

Wenn Sie dem Link folgen, werden Sie auf unserer Seite eine hochinteressante Grafik finden, die auf Daten basiert, die vom US-amerikanischen Gesundheitsministerium und anderen offiziellen Regierungsveröffentlichungen stammt. Es ist eine Statistik, die eigentlich für sich allein spricht: Anzahl der Todesfälle durch die Einnahme von Vitaminen im Vergleich zur Anzahl der Todesfälle durch pharmazeutische Produkte. Leider sieht man solche Statistiken in den deutschen Mainstream-Medien nicht.

Quelle: www.winhs.orghttp://www.winhs.org/

Meine Meinung: Hier wird gezielt Verunsicherung betrieben.

Die sog. Kopenhagen-Studie ist übrigens eine Meta-Analyse. Sie wissen, was eine Meta-Analyse ist? Ich wusste es auch nicht genau und habe mich deshalb mal schlau gemacht. Heute und im nächsten Brief finden Sie die Ergebnisse meiner Nachforschungen dazu.

Neuere Studien rehabilitieren Antioxidantien

Nun kommt eine vor kurzem veröffentlichte, ausführliche Studie einer Arbeitsgruppe um Prof. Biesalski von der (deutschen !!) renommierten Universität Stuttgart-Hohenheim zu völlig anderen Ergebnissen.

Im Jahr 1992 hielten zahlreiche renommierte Wissenschaftler aus der ganzen Welt mit der sogenannten Deklaration von Saas-Fee fest, dass

Einige Jahre später erhielt die Deklaration von Saas-Fee erste Dämpfer. Die CARET-Studie sowie die ATBC-Studie kamen zum Ergebnis, dass Betacarotin und Vitamin E-haltige Mikronährstoff-Präparate allenfalls das Risiko für gewisse Krebsformen bei Rauchern (insbesondere Lungenkrebs) fördern könnten.

In jüngster Zeit wurde insbesondere die Übersichtsarbeit von Bjelakovic et al. immer wieder zitiert, wenn es darum ging zu zeigen, dass Mikronährstoff-Präparate mit Antioxidantien das Mortalitätsrisiko signifikant erhöhen. Diese Meta-Analyse überprüfte insgesamt 68 randomisierte Studien mit über 200'000 Patienten.

Nun hat Biesalski die Arbeit von Bjelakovic nochmals einer sorgfältigen Überprüfung unterzogen. Dabei untersuchte Biesalski die Meta-Analyse auf die in den einzelnen Studien effektiv untersuchten Endpunkte. Zudem wurden die Studien nach Interventionsart (Primärprävention, Sekundärprävention, therapeutische Intervention) und nach deren Ergebnis (positiv, negativ, no effect) unterteilt.

Dabei wurden an der Untersuchung von Bjelakovic zahlreiche Punkte kritisiert:

Biesalski konnte zeigen, dass der Nutzen einer Supplementierung mit Antioxidantien vor allem in Populationen mit einem Risiko für Mangelernährung und Mikronährstoff-Defiziten groß ist, während eine Gabe von Antioxidantien in einen gesättigten, ausreichend versorgten Stoffwechsel keinen zusätzlichen Nutzen zu ergeben scheint.

Auch weitere neuere Studien zeigen durchaus positive Wirkungen von Interventionen mit Antioxidantien. So kann ein gezielter, medikationsorientierter Einsatz von Antioxidantien zur Reduktion bekannter unerwünschter Nebenwirkungen gewisser Zytostatika beitragen.

Weiter ergab eine adjuvante Gabe von Vitamin E unter cis-Platin-Behandlung in einer randomisierten, placebokontrollierten Studie nur in 5,9% der Fälle neurotoxische Nebenwirkungen, während in der Placebogruppe 41,7% über neurotoxische Erscheinungen berichteten. Diese Studie bestätigt die bereits früher in Übersichtsarbeiten gemachten Beobachtungen, dass eine adjuvante, gezielte Supplementierung mit gewissen Antioxidantien sinnvoll sein kann und die Verträglichkeit und Wirkung der Chemotherapie optimiert.

Auch eine im Nachgang zur großangelegten SU.VI.MAX-Studie (Frankreich, 12'741 Erwachsene, primärpräventiv, placebokontrolliert, doppelblind, Kontrolle der Blutspiegel) gemachte 5 Jahre dauernde Follow-up-Untersuchung bestätigte, dass die langfristige Gabe eines Antioxidantien-Komplexes in nutritiven Dosierungen (Vitamin C 120 mg/d, Vitamin E 30 mg/d, Betacarotin 6 mg /d, Selen 100 mcg/d, Zink 20 mg/d) bei Personen mit einer nicht genügenden Versorgung von Antioxidantien in Form von Früchten und Gemüse ein um 31% reduziertes Krebs-Erkrankungsrisiko sowie eine um 37% erniedrigte Mortalität ergab.

Ein unbeschränkt kritikloser Einsatz von Antioxidantien - so wie er in der Deklaration von Saas-Fee postuliert wurde, ist heute nicht mehr angezeigt. Freie Radikale sollten nicht als primär schädliche Moleküle betrachtet werden. Sie haben im Körper durchaus eine wichtige physiologische Bedeutung (z.B. für die Aktivierung von Makrophagen in der Entzündungsreaktion usw.).

Ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien sollte hingegen vermieden werden. Es ist sinnvoll, Antioxidantien vor allem bei Personen einzusetzen, deren Versorgung mit der Ernährung nicht optimal ist. Im Zweifelsfall sind Status-Bestimmungen im Labor wichtig und empfehlenswert, um den individuellen Bedarf zu bestimmen und auch die Supplementierung zu kontrollieren.

In Antioxidantien-Präparaten sollten die einzelnen Verbindungen in einer möglichst physiologischen und natürlichen Form enthalten sein. Es sollte sichergestellt sein, dass die synergistischen Wirkungen von Antioxidantien (z.B. reduzierende Wirkung von Vitamin C auf oxidiertes Vitamin E) ausgenützt werden. In therapeutischen Dosierungen haben Antioxidantien zudem definierte pharmakologische Wirkungen.

Die von Biesalski aufgezeigten methodischen Fehler und Ungenauigkeiten bei der Auswertung, welche in Mikronährstoff-Studien häufig anzutreffen sind, sollten in zukünftigen Studien vermieden werden. Kritische Leser sollten Studien auch immer gemäß diesen Kriterien hinterfragen.

Abschließend können wir festhalten, dass ein gezielter und gut abgewogener Einsatz von Antioxidantien nach wie vor ein gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis zeigt.

Eine Meta-Analyse – Was ist das?

Eine Meta-Analyse ist ein statistisches Verfahren, um die Resultate aus verschiedenen vergleichbaren Studien zu vereinen. Das Ziel ist es, durch das Zusammenfassen der Daten hohe Probanden-Zahlen zu erlangen, um genaue Aussagen über die Wirksamkeit z.B. einer Intervention machen zu können.

Vereinfacht: Wenn man drei Studien mit jeweils 20 Probanden gemacht hat, addiert man die Ergebnisse und bekommt anschließend die Ergebnisse von Studien mit 60 Probanden. Eigentlich sollte das Ergebnis dann aussagefähiger werden. Voraussetzung: Die Studien müssen im Design vergleichbar sein, sonst kommt man bei der Addition zu falschen Ergebnissen.

Das Resultat einer Meta-Analyse hat bei der Meinungsbildung von Fachleuten in der Regel ein starkes Gewicht. Die Erfahrung zeigt hingegen, dass gerade auch bei Meta-Analysen im Bereich der Ernährung und der Mikronährstoffe immer wieder ähnliche Fehler gemacht werden, die zu unkorrekten Aussagen führen können. Was soll man von einer Studie halten, in welcher von 815 durchgesehenen Studien nur 68 Studien ausgewählt wurden?

So werden Studien mit

einer gemeinsamen statistischen Auswertung unterzogen. Auch die nicht immer objektive Auswahl der Studien, die für eine Meta-Analyse verwendet werden, gibt häufig Anlass zur Kritik.

Sie wissen seit jetzt also, dass Mata-Analysen eigentlich Statistiken sind, keine Studien. Und mit Statistik kann man ja bekanntlich sogar die Wahrheit beweisen.

Im nächsten Gesundheitsbrief werde ich Ihnen beispielhaft über Meta-Analysen zu Folsäure, Akupunktur und Homöopathie berichten. Es wird spannend, das kann ich Ihnen schon heute versprechen.