Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass eine neue Studie erscheint, die den Nutzen von Vitamin D unterstützt und zu einer vermehrten Einnahme aufruft. Wir wollen heute eine kleine Serie über das Sonnenschein-Vitamin starten und betrachten zunächst einige wissenschaftliche Studien.
Meine Frau hat inzwischen eine umfangreichere Datensammlung zu Vitamin D zusammengestellt, die wir Ihnen in den nächsten Wochen zur Verfügung stellen werden.
Von Stephen Daniells, 30. März 2010
Vitamin D weist auf zwei biologisch inaktive Vorstufenverbindungen hin – D3, das auch Cholecalciferol genannt wird, und D2, das auch Ergocalciferol genannt wird. Das zuerst genannte, das produziert wird, wenn die Haut UVB-Strahlung (290 bis 320 nm) ausgesetzt ist, soll angeblich stärker bioaktiv sein.
Sowohl die D3- als auch D2-Vorstufenverbindungen werden in der Leber und den Nieren hydroxiliert, um 25-Hydroxyvitamin D (25(OH)D), die nicht aktive ‚Lager’-Form, zu bilden und 1,25-Dihydroxyvitamin D (1,25(OH)2D), die biologisch aktive Form, die der Körper streng kontrolliert.
Während unser Körper tatsächlich Vitamin D produziert, wenn er der Sonne ausgesetzt ist, ist der D-Gehalt in einigen nördlichen Ländern während der Wintermonate so gering, dass unser Körper überhaupt kein Vitamin D produziert; was bedeutet, dass Nahrungsmittelergänzung und angereicherte Lebensmittel von vielen als die beste Möglichkeit betrachtet wird, die Aufnahme von Vitamin D zu steigern.
Die Wissenschaft unterstützt das Aufrechterhalten eines angemessenen Vitamin D-Spiegels und berichtet über Osteopenie, Osteoporose, Muskelschwäche, Frakturen, die häufigsten Krebserkrankungen, Autoimmunkrankheiten, Infektionskrankheiten und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die durch einen Mangel an Vitamin D bei Erwachsenen ausgelöst und verschlimmert werden. Es wurde außerdem nachgewiesen, dass das Vitamin die Inzidenz mehrerer Krebsarten und von Typ-1-Diabetes reduzieren kann.
Die wissenschaftlichen Daten, die sowohl die Muskelfunktion von Vitamin D als auch die Rolle des Vitamins für einen immunen Gesundheitszustand unterstützen, sind ausreichend stabil, um vom EFSA-Gremium für Nahrungsmittel, Ernährung und Allergien (NDA) positiv beurteilt zu werden.
Der Ausschluss entschied dass „eine Ursache-Wirkungsbeziehung zwischen der Aufnahme von Vitamin D mit der Nahrung und der Unterstützung einer normalen Funktion des Immunsystems und einer gesunden Entzündungsreaktion sowie der Aufrechterhaltung einer normalen Muskelfunktion etabliert wurde“.
Wissenschaftler aus Dänemark berichteten erst kürzlich, dass Vitamin D notwendig ist, um T-Zellen – die Killerzellen des Immunsystems – in Aktion zu versetzen; ein unzureichender Gehalt des Vitamins bedeutet, dass die Zellen weiterhin untätig und inaktiv bleiben (Nature Immunology, doi: 10.1038/ni.1851).
„Die Wissenschaftler wissen seit langer Zeit, dass Vitamin D für die Aufnahme von Kalzium wichtig ist, das Vitamin wurde außerdem mit Krankheiten wie Krebs und Multiple Sklerose in Verbindung gebracht; was wir aber nicht realisiert haben, ist, wie entscheidend Vitamin D für die Aktivierung des Immunsystems tatsächlich ist – was wir nun wissen," sagten Wissenschaftler der Universität von Kopenhagen.
Zu der neu entstehenden Wissenschaft, die den Nutzen des Vitamins für die Muskulatur unterstützt, gehört eine kürzliche Studie der McGill Universität in Kanada, in welcher festgestellt wurde, dass eine unzureichende Menge an Vitamin D im Blut mit der Ansammlung von Fett im Muskelgewebe assoziiert werden kann, was zu einer geringeren Muskelstärke führt.
Diese Ergebnisse sind angeblich die ersten, die einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Gehalt an Vitamin D und der Ansammlung von Fett im Muskelgewebe aufzeigen; sie wurden im Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism (doi:10.1210/jc.2009-2309) veröffentlicht.
Die Rolle des Vitamins bei der Aufnahme von Kalzium hat außerdem zu einer Reihe breit angelegter Studien geführt, die die Rolle von Vitamin D in Bezug auf gesunde Knochen und als Anti-Osteoporose-Mittel unterstützen; dies ist jedoch in der Stellungnahme der EFSA nicht enthalten.
Die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems ist ein Bereich mit steigendem Potential; und während für diesen Bereich keine positive Beurteilung für Erstattungen angekündigt wurde, glauben einige führende Persönlichkeiten im Vitamin D-Geschäft, dass es sie früher oder später geben wird. Wouter Claerhout, Senior Marketing Manager für humane Ernährung und Gesundheit bei DSM, sagte, dass klinische Studien auf diesem Gebiet neue interessante Daten bezüglich Herz-Erkrankungen liefern. „Es ist nur eine Frage der Zeit," sagte er.
Epidemiologische Studien unterstützen den Nutzen des Sonnenschein-Vitamins für die Gesundheit des Herzens, gemäß der Daten aus großen US Studien, einschließlich des Third National Health and Nutrition Examination Survey.
Eine Studie der Harvard School of Public Health hat ebenfalls berichtet, dass ein steigender Gehalt an Vitamin D das Risiko eines Herzanfalles reduzieren kann. In einer Studie, die in Archives of Internal Medicine (Vol. 168, pp. 1174-1180) veröffentlicht wurde, wurde festgestellt, dass ein doppelt so hoher Vitamin D-Gehalt im Blut mit der Halbierung des Risikos eines Herzanfalles assoziiert werden konnte (Herzinfarkt).
Das Vitamin wurde mit einer Reihe von Pluspunkten für das Herz-Kreislauf-System in Zusammenhang gebracht, einschließlich einem reduzierten Risiko einer peripheren Arterienerkrankung (Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology, 2008, Vol. 28, pp. 1179-1185).
Eine Reihe von Studien berichtet außerdem darüber, dass ein erhöhter Gehalt des Vitamins das Risiko, an Herztod zu sterben, verringern kann. In einer österreichischen Studie, die auch in Archives of Internal Medicine (Vol. 168, pp. 1340-1349) veröffentlich wurde, wurde festgestellt, dass bei Personen mit einem niedrigen Gehalt an Vitamin D im Blut die Wahrscheinlichkeit, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, doppelt so hoch ist als bei Personen mit einem hohen Gehalt an Vitamin D im Blut.
Wissenschaftler aus den Niederlanden, Österreich und den USA berichteten in Clinical Endocrinology (Vol. 71, pp. 666-672), dass ein niedriger Gehalt des Sonnenschein-Vitamins mit einem erhöhten Risiko einer Gesamtmortalität sowie der Mortalität aufgrund von Herz-Erkrankungen assoziiert wird.
Diese Forschung steht eng in Zusammenhang mit ähnlichen Ergebnissen, die in Nutrition Research von den von Richard Semba angeführten Wissenschaftler der Johns Hopkins Universität veröffentlicht wurden. Semba und seine Mitarbeiter stellten fest, dass mehrere biologische Mechanismen einen kausalen Zusammenhang zwischen einem Vitamin-D-Mangel und der Sterblichkeit erklären könnten, und zwar aufgrund der aktiven Form des Vitamins (1,25-Dihydroxyvitamin D), das mit einer Reihe von Wirkungen in Verbindung gebracht wird, einschließlich der Kontrolle entzündlicher Verbindungen, der Regulierung eines immunen Gesundheitszustands und des Blutdrucks oder der Reduzierung arterieller Verhärtungen.
Es wurden jedoch keine Erstattungsforderungen für das Anti-Krebs-Potential von Vitamin D gewährt. Der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Vitamin D und dem Schutz vor Krebs datiert aus den 1940er Jahren, als Frank Apperly in Cancer Research über einen Zusammenhang zwischen Breitengrad und Krebstod berichtete und vermutete, dass Sonnenlicht „eine relative Immunität gegen Krebs“ bewirkt.
Seitdem gab es eine wahre Flut von Studien in der Wissenschaft, die über eine Reduzierung bei einer Reihe von Krebs-Erkrankungen berichteten, einschließlich Kolorektal-, Brust-, Mundhöhlen-, Magen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Das größte wissenschaftliche Interesse gilt dem Kolorektalkrebs, aber dieser Bereich ist umstritten. Während einige Studien über eine signifikante Reduzierung des Risikos berichteten, berichteten andere über Null Ergebnisse. Tatsächlich deuteten 2006 die Ergebnisse der Women's Health Initiative (WHI) an, dass eine tägliche Einnahme von Vitamin D und Kalzium ‚keine Wirkung’ hinsichtlich dem Risiko von Kolorektalkrebs bei Frauen hatte.
(Unter dem Begriff „Darmkrebs“ werden im Allgemeinen Krebserkrankungen des Dickdarms (Kolonkarzinom) und des Mastdarms (Rektumkarzinom) verstanden. Zusammenfassend werden sie als kolorektales Karzinom bezeichnet, siehe http://www.onkologie.hexal.de/krebs/darmkrebs/ )
Jedoch wurde die WHI aufgrund der Einschränkungen in der Studie weitestgehend kritisiert; zu den Einschränkungen gehörte auch, dass die frei lebende Bevölkerung Nahrungsmittelergänzungen nach Belieben einnehmen konnte. Dies führte dazu, dass die Placebo-Gruppe eine ähnliche Einnahme von Vitamin D und Kalzium hatte wie die Testgruppe.
Die Forschung in diesem Bereich geht weiter.
Während die Liste des möglichen Nutzens für die Gesundheit bereits relativ lang und beeindruckend ist, zeigen die Daten auch, dass Vitamin D noch einen weiteren Nutzen für die Gesundheit bringen kann, einschließlich der Reduzierung des Risikos von Diabetes und Krankheiten wie Morbus Crohn. Jedoch steckt die Wissenschaft in diesen Bereichen noch in den Kinderschuhen.
(Morbus Crohn: Der Morbus Crohn gehört zur Gruppe der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Es handelt sich um eine chronische Entzündung, die im gesamten Magen-Darm-Trakt von der Mundhöhle bis zum After auftreten kann).