Klonfleisch im Kühlregal? 25 Jahre Klonforschung an Tieren (1)

Klonfleisch im Kühlregal? 25 Jahre Klonforschung an Tieren (1)

Als ich die nachfolgend wiedergegebene Presse-Nachricht las, war ich ziemlich überrascht, dass das Klonen von Tieren offensichtlich bereits einen Stand erreicht hat, der  eine Regulierung erforderlich macht. Irgendwie ist das Thema klammheimlich an mir vorbeigegangen. Ich habe das Thema daraufhin etwas näher untersucht und bin auf einen Aufsatz von Dr. Anita Idel gestoßen, der sich sehr ausführlich mit der Materie beschäftigt. Auch diesen Aufsatz „Science oder Fiction? 25 Jahre Klonforschung an Tieren – aktueller Stand und Perspektiven“ möchte ich Ihnen – mit freundlicher Genehmigung der Autorin - nicht vorenthalten. Sicher sind die Forschungen noch nicht soweit fortgeschritten, dass wir morgen bereits ungekennzeichnetes Klonfleisch in den Regalen finden können oder nicht deklarierte Milch von geklonten Rindern trinken könnten. Es beunruhigt mich aber, nachdem ich jetzt gelernt habe, in welche Richtung die Forschungen gehen und welche Geldsummen für diese Forschungen ausgegeben werden.

"Klonfleisch" schon bald im Kühlregal?

Die EU will offenbar erlauben, dass das Fleisch von Nachkommen geklonter Tiere verkauft werden darf. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Die Bundesregierung habe ihren Widerstand gegen die Neuregelung aufgegeben, meldet die Zeitung unter Berufung auf einen deutschen Diplomaten in Brüssel.

Der EU-Rat wolle am Montag den Weg für den Verkauf "Klonfleisch" freimachen, berichtet die "FAZ". Dazu solle die EU-Verordnung für neuartige Lebensmittel entsprechend angepasst werden. Auch die deutsche Regierung werde dafür stimmen, berichtete das Blatt unter Berufung auf einen Diplomaten. Sonst drohe eine "Regelungslücke".

Heftige Debatte im Ministerrat

Der Einigung im Ministerrat war eine heftige Debatte über die Zulassung von "Klonfleisch" vorausgegangen. Insbesondere der deutsche Bauernverband hatte sich strikt dagegen ausgesprochen. Die Bundesregierung hatte zunächst erklärt, in Supermärkten dürfe es kein "Klonfleisch" geben. Die Grünen hatten davor gewarnt, dass mit einem "Ja" zum "Klonfleisch" ein falscher Weg der Tierzucht zementiert werde. Eine von der EU-Kommission eingesetzte Ethikgruppe für Wissenschaft und neue Technologien stellte fest, es gebe keine überzeugenden Argumente für die Nahrungsmittelerzeugung mit Hilfe geklonter Tiere.

Auch das Europaparlament ist dagegen

Auch das Europaparlament hat sich im März 2009 gegen die Zulassung ausgesprochen. Bevor die Neuregelung in Kraft treten kann, müssen sich die Staaten mit dem Europaparlament auf eine einheitliche Linie einigen. Die EU-Staaten befinden sich dabei trotz des "Neins" des Parlaments zum "Klonfleisch" vom März in einer vergleichsweise starken Position, da das Votum des Ministerrats einstimmig erfolgen wird.

Zugeständnis an Kritiker

Die EU-Staaten forderten zudem, für den Umgang mit "Klonfleisch" eine eigene EU-Regelung zu schaffen - ähnlich wie für Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen. So könne besser auf ethische Bedenken eingegangen werden. Eine jetzige Verkaufserlaubnis würde über die EU-Verordnung für neuartige Lebensmittel laufen. Wie die Internetausgabe der "FAZ" berichtet", fordert die EU-Ratspräsidentschaft allerdings nur dazu auf, ein Jahr nach Inkrafttreten der Regelung "einen Bericht über alle Aspekte der Zulassung von "Klonfleisch" vorzulegen" und "nur wenn es sie als notwendig erachtet", eine eigene Regelung vorzuschlagen. Laut "FAZ" darf in den Vereinigten Staaten "Klonfleisch" seit 2008 verkauft werden.

Foodwatch fordert klare Kennzeichnung

Dass Klonfleisch in die EU-Verordnung zu neuartigen Lebensmittel aufgenommen wird, heißt nicht, dass es automatisch in Europa verkauft werden darf. Zunächst muss die zuständige EU-Lebensmittelagentur EFSA prüfen, ob von dem Fleisch Gefahren für die Gesundheit ausgehen. Falls nicht, muss die Kommission es zulassen.

Bisher gibt es allerdings noch keine Anträge. Die EFSA hatte den Verzehr von Klonfleisch in einer ersten Überprüfung im vergangenen Jahr zunächst als unbedenklich bezeichnet, sich später aber für weitere Studien ausgesprochen. Die Lebensmittelaufsicht in den Vereinigten Staaten hingegen hat den Verkauf von Klonfleisch 2008 genehmigt. Keine Bedenken, was den Verzehr von Fleisch von Nachfahren geklonter Tiere betrifft, hat die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch. Weil aber viele Verbraucher aus ethischen Gründen gegen Klonfleisch seien, fordert Foodwatch, solche Lebensmittel klar zu kennzeichnen.

25 Jahre Klonforschung an Tieren - aktueller Stand und Perspektiven

von Anita Idel

Die Erwartungen, die mit dem Klonen von Tieren geweckt werden, sind auch nach 25 Jahren intensiver und kostspieliger Klonforschung bislang nicht erfüllt worden. Die Bestückung ganzer Tierställe mit Tieren aus nur einem Klon, um die Kosten individueller Fütterung und Behandlung einzusparen und dies bei gleicher Mastdauer und gleichem Mastendgewicht - diese Hoffnung auf Massenproduktion erbgleicher Tiere bleibt weiterhin Illusion und der Werbung von Forschung und Industrie überlassen. Denn die Bilanz der Klonversuche ist in jeder Hinsicht ernüchternd: Nicht mehr als 0,5 bis maximal fünf Prozent der geklonten Tiere gelten nach der Auswertung der internationalen Literatur durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als gesund und unversehrt.

Dennoch haben die Lebensmittelbehörden der USA und der Europäischen Union auf diesen minimalen Ausnahmen ihr Urteil gegründet, Produkte geklonter Tiere seien gesundheitlich unbedenklich und denen nicht geklonter Tiere gleichzustellen. So werden Zufallsbefunde unzulässig verallgemeinert, während die tatsächlichen Ergebnisse der Klonversuche, die 95 bis 99,5 Prozent toten oder geschädigten Klon-Tiere und ihr Leid, ignoriert werden.

Dem ungläubigen Staunen ob dieses tierethischen und ökonomischen Desasters ließ nun das Europäische Parlament, das jahrelang alle Entscheidungen mitgetragen hatte, die die Entwicklung des Klonens ermöglicht haben, eine erste Tat folgen: Es verabschiedete im September 2008 mit großer Mehrheit eine Entschließung zum Verbot des Klonens von Tieren für die Lebensmittelversorgung. Offen ist freilich, wie die EU-Kommission reagiert und wie ernst es dem EU-Parlament mit der Durchsetzung dieser neuen, restriktiven Politik ist.

Seit den 1960er-Jahren forderte die weiterverarbeitende Industrie zunehmend normierte Einheiten - Tiere möglichst gleicher Größe. Für die landwirtschaftliche Tierzucht bedeutete das die Züchtung von Masttieren, die innerhalb derselben Zeit möglichst gleichmäßig wachsen. Die Normierung der Tiere wurde deshalb zu einem vorrangigen Ziel in der Züchtung.

Aber auch heute noch entwickeln sich Tiere, die am gleichen Tag geboren sind, auseinander; das heißt, sie gleichen sich am programmierten Schlachttag eben nicht „wie ein Ei dem anderen". Damit verbunden ist ihre unterschiedliche Futterverwertung: Das eine Tier braucht mehr, das andere weniger Futter, um das gleiche Mastendgewicht zu erreichen. Und auch einzelne Teilstücke - zum Beispiel Brustfleisch beim Geflügel, Koteletts beim Schwein und Filets beim Rind - können unterschiedliche Größen, Formen und Gewichte haben.

Somit steht trotz intensiver Zucht und dramatisch zunehmendem Verwandtschaftsgrad der Tiere deren tatsächliche Normierung weiterhin aus:

Gleiche Mastdauer und gleiches Mastgewicht bleiben vorerst Illusion.

Im nächsten Brief werde ich den Aufsatz von Frau Dr. Anita Idel fortsetzen.