Kaiserschnitte finanzieren Spontangeburten!

Es hat mal eine Zeit gegeben, da waren die meisten Geburten noch "normale" Geburten. Das hat sich inzwischen geändert. Es gibt immer mehr Kaiserschnitte, die eigentlich als Ausnahme für Problemgeburten gedacht waren. Warum gibt es immer mehr Problemgeburten? Sind deutsche Frauen heute weniger gesund, um eine "normale" Geburt haben zu können? 

Zum Thema "Kaiserschnitt" habe ich nachfolgend zwei interessante Meldungen für Sie gefunden.

Kaiserschnitte finanzieren Spontangeburten!

Immer mehr Babys kommen per Kaiserschnitt (Sectio) zur Welt. In Deutschland waren es 2006 bereits 28 Prozent aller Geburten! Warum eigentlich? Einer der Gründe: Eine .normale", vaginale Entbindung rechnet sich für viele Geburtskliniken nicht mehr, sie muss durch die Einnahmen bei Kaiserschnitten subventioniert werden. Zu diesem bemerkenswerten Ergebnis kommen Geburtshelfer der Universitätsfrauenklinik Lübeck bei einer Untersuchung der Daten von 1252 Entbindungen im Jahre 2006. Nach ihren Berechnungen lag der durchschnittliche Erlös eines Kaiserschnitts bei 2.532 Euro, eine Spontangeburt erbrachte nur 1.495 Euro.

Das nüchterne Fazit der Geburtsmediziner: "Spontangeburten stellen ein finanzielles Problem für geburtshilfliche Kliniken dar. Es ist somit nicht auszuschließen, dass wirtschaftliche Aspekte, zumindest partiell, zu einer steigenden Kaiserschnittsrate führen." Um ein betriebswirtschafltich ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen, hätten die Lübecker Geburtshelfer statt 21 Prozent wie geschehen 27 Prozent ihrer Schwangeren per Kaiserschnitt entbinden müssen.

Das Ende der Sonntagskinder

Heute würde Jesus vielleicht nicht in Bethlehem sondern in Nazareth, dem Wohnort seiner Eltern zur Welt kommen. Die Herbergssuche, die Geburt im Stall: alles verändert - durch einen Kaiserschnitt. Immer häufiger entscheiden sich werdende Mütter und ihre Ärzte dafür, auch wenn der Eingriff medizinisch nicht notwendig ist. Meist wird er rund 14 Tage vor dem Geburtstermin durchgeführt - Maria und Josef wären wohl noch Zuhause gewesen anstatt zur Volkszählung in Bethlehem.

Die Frauen wissen, was sie wollen

Die Gründe, warum Frauen sich für einen Kaiserschnitt entscheiden, sind vielfältig: Angst vor der Geburt mit ihren Schmerzen und möglichen Folgen, der Wunsch nach Sicherheit oder nach einem Geburtsdatum, das den Eltern passt und an dem auch der Vater des Kindes nicht auf Geschäftsreise sondern zu Hause ist. Der Anteil der Frauen, die per Kaiserschnitt entbinden, steigt kontinuierlich. Seit 1991 hat er sich fast verdoppelt. 2007 waren es laut Statistischem Bundesamt 29,3 Prozent. Auch Oberarzt Bernd Morgenstern von der Kölner Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe kennt die Tendenz, dass sich mehr Frauen für einen Kaiserschnitt entscheiden. "Wenn die Patientin alle Vor- und Nachteile abgewogen hat, dann ist das ihre Entscheidung", sagt er. Die Frauen, die in die Klinik kämen, wüssten meist schon, was sie wollen und es wäre ohnehin kaum möglich, sie davon abzubringen. Zudem sei das Risiko bei natürlicher Geburt und einem Kaiserschnitt in etwa gleich, sagt Morgenstern. Probleme kann es bei beiden geben. So könne es bei natürlichen Geburten beispielsweise Verletzungen geben, die Inkontinenz nach sich zögen oder begünstigten, erklärt er. Der Kaiserschnitt berge dagegen die Risiken einer Operation.

Kritik vom Hebammenverband

Beim Deutschen Hebammenverband steht man dem Trend zum Kaiserschnitt kritisch gegenüber. Sprecherin Edith Wolber kann eine ganze Palette von negativen Aspekten nennen. Die Bindung zwischen Mutter und Kind werde erschwert, meint sie, und es gebe auch die Theorie, dass Kinder, die sich nicht langsam aus dem Körper der Mutter kämpften, sondern künstlich ans Licht gerissen würden, ein Trauma davontragen könnten. Zudem werde die Flüssigkeit nicht aus der Lunge des Kindes gepresst, wie beim normalen Geburtsvorgang. Ute L. hat sich für einen Kaiserschnitt entschieden. Die Angst vor den Schmerzen war ihr wichtigster Grund. "Ich hab mir überlegt, wie ich einen so großen Kopf da unten rauspressen soll und gedacht: das wird furchtbar wehtun", erzählt sie. Sie ging sogar in ein weiter entferntes Krankenhaus, weil sie wusste, dass sie dort frei entscheiden konnte, wie ihr Kind zur Welt kommen sollte. Die Operation lief problemlos, das Kind ist gesund - und doch hat Ute L. ihre Entscheidung im Nachhinein ein bisschen bereut, wie sie erzählt. "Ich hab mir gedacht: 'Mein Gott bist Du ein Weichei'", erinnert sie sich. Von anderen Müttern höre sie oft, dass die Geburt so ein besonderes Erlebnis sei. Doch auf der anderen Seite sei es auch die Horror-Schilderung einer 36-Stunden-Geburt gewesen, die sie in ihrer Entscheidung bestärkt habe. Wie sie sich bei einer zweiten Geburt entscheiden würde, weiß Ute L. nicht.

Für manche ist auch Sex das entscheidende Argument

In den USA und Südamerika sei der Trend zum Wunschkaiserschnitt noch stärker, erzählt die Sprecherin des Berufsverbandes der Frauenärzte, Maria Lange-Ernst. Zumindest in der Oberschicht, die sich das leisten könne, gehöre es beinahe schon zum Guten Ton. Der Grund dafür sind allerdings nicht Schmerzen, sondern Sex. Viele Frauen hätten dort Angst, nach der Geburt nicht mehr so viel Spaß daran haben zu können. Zumindest kurz nach der Entbindung sind die Kaiserschnittmütter tatsächlich im Vorteil: Sie haben früher wieder zufriedenstellenden Sex als solche, die eine normale Geburt absolvierten, wie eine Studie der Berliner Charite vor zwei Jahren ergab. Auch Morgenstern kennt den Trend aus den USA. In Deutschland spiele er seiner Erfahrung nach aber kaum eine Rolle, meint er. Normalerweise sei die Angst vor Schmerzen oder Inkontinenz im Alter der Grund für einen Kaiserschnitt.

Und noch einen Effekt haben die Wunschkaiserschnitte, der zweifelsohne schade wäre: Weil sich die Ärzte die Termine dafür aussuchen könnten, wählten sie normalerweise bewusst nicht die Wochenenden, erzählt Lange-Ernst. "Mit Kaiserschnitt gäbe es kaum noch Sonntagskinder", sagt sie.