Zappelphilipp-Syndrom: Pillenkonsum bei Kindern steigt dramatisch

Heute noch einmal AD(H)S: In einem Interview mit "DIE WELT" wird erläutert, warum die Nebenwirkungen der Psychodroge Ritalin nicht erforscht werden. Die Antworten des Experten, den man wohl als "Insider" bezeichnen könnte, sind erschütternd. Im Grunde beschreibt der Neurobiologe Gerald Hüther am Beispiel von Ritalin lediglich die allgemein übliche Vorgehensweise aller an der Entwicklung, Erforschung und Verbreitung von Pharmaprodukten Beteiligten.

Ich erlaube mir zu zitieren:

Hier der Artikel aus "DIE WELT":

Ist ADHS eine Krankheit, die eine steigende Einnahme von Medikamenten wie Methylphenidat rechtfertigt? Ein Experte äußert Zweifel. Fakt ist: Der Konsum des Betäubungsmittels hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Unabhängige Langzeitstudien zu Methylphenidat fehlen, kritisiert Neurobiologe Gerald Hüther. Die Industrie verweigere Geld für Untersuchung der Spätwirkungen. Birgitta vom Lehn hat den Professor und Leiter der Psychiatrischen Klinik der Uni Göttingen zum steigenen Pillenkonsum von Hyperaktiven Kindern befragt.

Die Welt: Herr Hüther, was genau ist ADHS?

Gerald Hüther: ADHS ist zunächst nicht mehr als die Bezeichnung für eine Sammlung von Symptomen, die man bei Kindern beobachten kann. Mediziner sind gezwungen, für bestimmte Behandlungen bestimmte Namen zu erfinden. Sie definieren Krankheiten, um die Behandlung bei den Krankenkassen abrechnen zu können, und genau das ist bei ADHS geschehen.

Welt: Und wie entsteht ADHS?

Hüther: Wenn in der äußeren Welt Struktur gebende Elemente fehlen, kann auch im Gehirn keine Struktur aufgebaut werden. Das ist heute ein riesiges Problem, denn unsere Welt hat viel an Struktur verloren. Das hängt mit der Hektik des modernen Alltags zusammen, mit Problemen, die jungen Familien zu schaffen machen wie Partnerschaftskonflikte oder mit Karrieren, die aufzubauen sind. Kinder wachsen heute in eine Welt hinein, in der sehr viel durcheinander gerät, wenig Strukturen bietet. Besonders schwierig ist dies für Kinder, die mehr Strukturen brauchen als andere, die so genannten ADHS-Kinder.

Welt: Wie ist man früher mit „Zappelphilippen“ umgegangen?

Hüther: Die Kinder sind früher nicht aufgefallen, weil die Strukturen so hart waren, dass sie keine anderen Möglichkeiten hatten, als sich diesen Strukturen anzupassen. Sie sind verprügelt worden, wenn sie sich nicht richtig verhalten haben. Wir wünschen uns aber heute keine Abrichtung von Kindern mehr mit Strafen und dergleichen.

Welt: Was empfehlen Sie den Eltern dieser unruhigen Kinder?

Hüther: Diese Kinder brauchen Hilfe. Da diese Hilfe relativ kompliziert und sehr zeitaufwendig ist, behilft man sich, indem man ihnen eine Tablette gibt. Die Pillen helfen zu funktionieren.

Welt: Ist die Pharmatherapie der richtige Weg?

Hüther: Das ist eine Notlösung. Aber wir machen in dieser Gesellschaft ja viele Notlösungen.

Welt: Ist ADHS vererbbar?

Hüther: Das wird zwar seit 20 Jahren behauptet. Es gibt dafür aber bis heute keine Beweise. Die Zwillings- und Familienstudien zeigen zwar, dass es Häufungen gibt innerhalb einer Familie. Aber das hat erst mal nichts mit Genetik zu tun.

Welt: Was weiß man über die langfristigen Folgen des Methylphenidat-Gebrauchs?

Hüther: Es gibt eigentlich kein großes Interesse, nach langfristigen Folgen zu suchen. Wir haben mal eine solche Studie in Göttingen gemacht, aber mit viel zu wenigen Tieren, und es ist viel darüber gemeckert worden. Bislang ist keine andere Arbeitsgruppe weltweit auf die Idee gekommen, das noch mal zu versuchen.

Welt: Aber der Verbrauch ist enorm. Da muss doch das Interesse an möglichen Risiken groß sein.

Hüther: Es ist wissenschaftlich immer schwer, langfristige Wirkungen zu messen. Die meisten Studien sind auf kurzfristige Ergebnisse ausgelegt. Und dann gibt es wohl auch nicht allzu viele kritische Wissenschaftler, die sich ernsthaft mit dieser Frage befassen. Es gibt Forschungsgeld aus der Pharmaindustrie, um heraus zu finden, wie Methylphenidat wirkt und warum es so erfolgreich ist. Die Industrie gibt aber natürlich kein Geld, um herauszufinden, welche Spätwirkungen damit verbunden sind.

Welt: Könnte man keine unabhängigen Studien machen?

Hüther: Doch. Das Problem ist nur: Wenn man solche Studien machen wollte, müsste man sie bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft beantragen. Aber dort sind die Gutachter bedauerlicherweise diejenigen, die aus denselben Universitäten kommen, an denen aus Drittmitteln zu Methylphenidat geforscht wird. Das ist ein sehr problematischer Kreislauf.

Welt: Der Psychologe Wolfgang Bergmann meint, es müsste eigentlich ein Schrei durch die Öffentlichkeit gehen angesichts des hohen Methylphenidat-Konsums. Warum bleibt der Schrei aus?

Hüther: Ich glaube, die Öffentlichkeit ist müde geworden, einem Streit zuzuhören, den kein Mensch mehr versteht. Hinzu kommt: Man kann ein falsches Modell von einer Krankheit nicht wegreden, wenn es zu viele Interessenten gibt, die Vorteile davon haben, das falsche Modell fortbestehen zu lassen.

Welt: Wer sind die Interessenten dieses falschen Modells?

Hüther: Den größten Nutzen ziehen die betroffenen Eltern. Sie haben ein immenses Interesse daran, dass jemand kommt, der sagt: Es ist genetisch bedingt. Es gibt schließlich nichts Schlimmeres für Eltern, als etwas falsch gemacht zu haben. Deshalb werden eine definierte Krankheit und eine entsprechende Behandlung ausdrücklich begrüßt. Die zweite Gruppe sind die Kinder- und Jugendpsychiater, die ihre gesamte Laufbahn dem Umstand verdanken, dass sie Veröffentlichungen gemacht haben, in denen sie oft nichts anderes untersucht haben als den Einsatz von Medikamenten. Dazu kommt die Gruppe der Mediziner draußen auf dem Land, die auch ein Erfolgserlebnis braucht. Der Effekt zu sehen, dass man nach einer halben Stunde plötzlich ein ausgewechseltes Kind hat, ist schon sehr beeindruckend. Und dann kommt die Pharmaindustrie, die damit gut Geld verdient. Nicht zu vergessen die Lehrer! Viele von ihnen können mit diesen Kindern überhaupt nichts anfangen. Sie sind froh, wenn sie endlich ruhig werden, egal, womit das geschieht, und wenn dies mit einer Tablette geht, ist ihnen das auch recht.

Soweit der Artikel.

Ich muss das nicht weiter kommentieren, oder? Erschütternd, weil es um unsere Kinder und um unsere Zukunft geht. Dem Profit einiger weniger wird bedenkenlos die Zukunft unserer Kinder aufs Spiel gesetzt. Helfen Sie mit, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten.

Hier finden Sie weitere Informationen: http://www.ritalin-kritik.de/