Orthomolekulare Medizin - Teil 1

Mit meinem heutigen Gesundheitsbrief möchte wieder eine kleine Serie beginnen, die ich mit dem Titel „Orthomolekulare Medizin“ überschreiben möchte. Orthomolekulare Medizin hat etwas mit Nähstoffen zu tun. Nun gibt es ja genügend Menschen, übrigens nicht nur Mediziner, die dieses Konzept mit reichlich Vorurteilen betrachten und der Meinung sind, dass die Wirkung der Mikronährstoffe „wissenschaftlich“ nicht belegt sei, dass Vitalstoffkombinationen unnötig wären und lediglich „teuren Urin“ produzieren würden oder dass es ohnehin keinen Vitaminmangel mehr gäbe.

Es wird als „alternativer Hokuspokus“ abgetan oder – und das ist dann das eigentlich vernichtende Urteil – der ganze „Vitaminzauber“ sei einfach „unwissenschaftlich“.

Nun denn. Ich werde hier kein Wort darüber verlieren, ob die Prüfmethoden der einschlägigen Industrie vor der Markteinführung von Contergan oder Vioxx – beide Pharmapräparate mussten nach Bekanntwerden heftigster Nebenwirkungen vom Markt genommen werden – „wissenschaftlich“ waren oder nicht. Sie ahnen bestimmt, welche Meinung ich dazu wohl habe.

Doch lassen Sie uns zunächst einmal klären, was denn nun orthomolekulare Medizin eigentlich ist, denn das Vorbeugen und das Heilen mit Vitalstoffen wird langsam eben doch zu einem Teil der Medizin. Jod und Selen sind schon lange keine „Außenseitertipps“ mehr, wenn es um die Vorbeugung von Schilddrüsenerkrankungen geht. Dass Vitamin C gegen Erkältungen hilft und Vitamin D und Kalzium die Knochen stärken, ist mittlerweile Allgemeinwissen geworden und inzwischen bekommt fast jede Schwangere Folsäure verschrieben, um Fehlbildungen des Kindes vorzubeugen.

Sie wissen: Wir haben uns der Naturheilkunde verschrieben. Unsere Standbeine sind die Pflanzenheilkunde und der Einsatz von Stoffen, die der Körper benötigt, um funktionieren zu können: Vitamine, Mineralien, sekundäre Pflanzenstoffe, Aminosäuren und Enzyme.

Die Pflanzenheilkunde wird seit vorgeschichtlicher Zeit bei allen Völkern der Erde ohne Unterbrechung praktiziert. Das über lange Zeiträume entstandene immense Wissen und die Jahrtausende alten Erfahrungen über die Wirkungen auf den Menschen sind ein Kulturschatz, den wir bewahren und weiter tragen sollten. – Inzwischen ermuntert auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) alle Staaten, an den alten Traditionen der Pflanzenheilkunde festzuhalten und sie zu pflegen.

Die Pflanzenheilkunde sieht Universum und menschlichen Körper noch als Einheit und gründet auf der Anschauung, dass alle Dinge miteinander in Beziehung stehen. Sie wirkt reinigend und ausgleichend auf den Organismus und bringt seine Energie wieder zum Fliessen.

Die älteste bekannte ganzheitliche Heilkunde ist der indische Ayurveda, auf den die traditionelle chinesische Medizin (TCM) aufbaut. Später wurde medizinisches Wissen im antiken Griechenland und Rom gesammelt und gelangte Jahrhunderte später über die Araber nach Mitteleuropa. Die Indianer Nord- und Südamerikas hatten ein mindestens ebenso umfangreiches Heilwissen wie die Kelten im alten Nordeuropa und heute haben wir Zugang zum gesamten Wissensschatz der Naturmedizin.

Mit den modernen Methoden der Naturwissenschaft können wir inzwischen viele der Pflanzenwirkstoffe analysieren und damit zunehmend das alte Erfahrungswissen bestätigen.

Die meisten Heilpflanzen entfalten ihre größte Wirkung, wenn die gesamte Pflanze genutzt wird. Es sind eben nicht die isolierten Einzelsubstanzen, wie sie häufig in der Schulmedizin angewandt werden, sondern es ist das Zusammenwirken der oftmals großen Wirkstofffülle in den Pflanzen, unterstützt und verstärkt von den gleichfalls vorhandenen Nährstoffen, die den Gesamteffekt ausmachen, den kein Einzelstoff für sich erreichen kann.

Unser zweites Standbein ist in den Erkenntnissen der modernen Ernährungslehre verankert. Wir wissen heute, dass außer den aufbauenden und Energie liefernden Stoffen Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten noch eine Reihe weiterer Wirkstoffe benötigt werden, um die erstgenannten Stoffe aufzuschließen, im Körper zu verwerten und vor Oxidation zu schützen. Dieses „Getriebeöl“ liefern uns Mineralien, Vitamine, Enzyme und sekundäre Pflanzenstoffe. Die Anwendung dieser im Körper benötigten lebensnotwendigen (essentiellen) Stoffe bezeichnen wir heute als orthomolekulare Medizin („das richtige Molekül zur richtigen Behandlung“). Frei übersetzt heißt das Wort „orthomelekular“ so viel wie „richtig versorgt mit Nährstoffen“.

Der große Naturforscher und zweifache Nobelpreisträger Linus Pauling entwickelte dieses auf optimaler Ernährung aufbauende Verfahren zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten zusammen mit anderen Wissenschaftlern Mitte der sechziger Jahre. Er erkannte, dass viele chronische Krankheiten dann auftreten, wenn die Biochemie des Körpers durch Mängel oder Ungleichgewichte im Nährstoffhaushalt gelähmt wird und dass die Zufuhr dieser Stoffe eine wirksame Behandlung bilden.

Er definierte es so:

„Orthomolekulare Medizin ist die Erhaltung der Gesundheit und die Behandlung von Krankheit durch Veränderung der Konzentration von Substanzen im menschlichen Körper, die normalerweise dort vorhanden und für die Gesundheit erforderlich sind.“

Man könnte es auch vereinfacht ausdrücken als „Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten mit körpereigenen Stoffen.“

Mineralien, Vitamine und Enzyme sind an allen Vorgängen im Körper beteiligt. Wenn wir nicht genügend davon aufnehmen bzw. bei Enzymen selber bilden, leidet das ganze Körpergeschehen. Schließlich stellen sich Krankheiten, bei längerem Mangel auch solche chronischer Art ein.

Neuester Wissensstand ist, dass Vitamine, Mineralien und Enzyme dafür sorgen, dass Wirkstoffe, die zu Heilzwecken eingesetzt werden, in ihrer Wirkung unterstützt und verstärkt werden, so dass weniger Wirkstoffe benötigt werden. Die sekundären Pflanzenstoffe, von denen viele äußerst wirksame Antioxidantien sind, sorgen dafür, dass freie Radikale als Alterungs- und Krankheitsverursacher wenig Chancen haben und unterstützen das körpereigene Entgiftungssystem.

Während die Schulmedizin mit meist hoch dosierten synthetischen Einzelsubstanzen arbeitet, die der Körper weder benötigt noch Mangel daran leidet, die ihm lediglich zugeführt werden, um an einer bestimmten Stelle in das Körpergeschehen einzugreifen – wobei zu den erwünschten Wirkungen unerwünschte Nebenwirkungen dazukommen – bietet die Naturheilkunde ein ganzheitliches Konzept mit geringem biologischen Wirkstoffaufwand bei größtmöglicher Wirkung durch Synergieeffekte an.

1998 hat das Robert-Koch-Institut folgende Zahlen zum Vitaminmangel in Deutschland veröffentlicht:

Bei Vitamin A liegt die Versorgung der Bevölkerung im Durchschnitt 48 % unter den Mindestempfehlungen. Es fehlen also 52 % der Menge an Vitamin A, die notwendig wäre, wenigstens die Mindestempfehlungen zu erreichen. Die Fachleute unter Ihnen wissen, dass diese Mindestempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) so bemessen sind, dass die Empfehlungsmengen verhindern würden, dass Mangelerscheinungen aufträten.

Diese Aussagen zur Unterversorgung wurden aufgrund einer Studie für folgende Vitalstoffe gemacht:

Vitamin A - 48 %
Vitamin B1 – 53 %
Vitamin B2 – 65 %
Vitamin B6 – 65 %
Folsäure – 98 %
Vitamin C – 53 %
Vitamin D – 75 %
Vitamin E – 42 %

Das Ergebnis dieser Studie des Robert-Koch-Instituts zeigt also eine deutliche bis dramatische Unterversorgung mit wichtigen Vitalstoffen auf. Die Schulmedizin mag über die Naturheilkundler milde lächeln, aber es ist trotzdem bereits Allgemeinwissen, dass der Mangel an Vitalstoffen zu schweren Mangelerkrankungen führen kann. Wenn man in Bezug auf Vitamin C chronisch unterversorgt ist, ist die Anfälligkeit für Erkältungskrankheiten eben um ein Vielfaches höher als wenn man ausreichend mit diesem Nährstoff versorgt wird. Es kann einen deutlichen Unterschied machen, ob man jeden Winter mehrfach erkältet ist oder ob man selbst eine Grippewelle unbeschadet übersteht.

Im nächsten Brief möchte ich zu den bestehenden Vorurteilen gegen Vitalstoffe Stellung nehmen, die Vorteile von Vitastoffen in der Medizin beleuchten und Ihnen aufzeigen, welche Vorteile eine ausreichende Vitalstoffversorgung haben kann.