Pestizide setzen Bienen und Hummeln massiv zu

Von Menschen versprühte Giftstoffe spielen offenbar eine entscheidende Rolle beim Massensterben von Hummeln und Bienen. Das legen gleich zwei neue Studien nahe. Unter anderem stören die Pestizide demnach den Orientierungssinn der Insekten.

Bienen und Hummeln lassen in Massen ihr Leben.

Das globale Sterben beschäftigt Biologen schon seit Jahren. Laut einen Uno-Bericht ist es längst ein globales Problem und könnte eine Nahrungsmittelkrise auslösen. Aggressive Milben sind als Schuldige ausgemacht worden, Parasiten-Fliegen gelten ebenfalls als Killer-Kanidaten - und Pestizide. Zwei neue Studien unterstreichen nun, wie gefährlich die chemischen Substanzen für die Insekten sind.

Zwei Expertenteams hatten die Wirkung von Neonicotinoiden erforscht. Das ist eine Gruppe gängiger Insektizide, die in zahlreichen Ländern im Einsatz ist. Wissenschaftler aus Frankreich berichten im Fachmagazin "Science", dass das Gift die Orientierung der Bienen stört: Die Tiere finden den Weg zu ihrem Volk nicht mehr. Ein Team aus Großbritannien entdeckte außerdem, dass die Insektizide Hummelvölkern stark zusetzen.

"Einige Hummelarten sind enorm zurückgegangen. Beispielsweise in Nordamerika sind manche Arten mehr oder weniger komplett vom Kontinent verschwunden", schreibt der britische Forscher Dave Goulson von der schottischen Universität in Stirling. In Großbritannien seien bereits drei Arten ausgelöscht.

Goulsons Team setzte Hummelvölker dem Insektizid Imidacloprid aus.

Die Dosis war jener ähnlich, der die Tiere in der Natur begegnen. In einer geschlossenen Umgebung hausten die Hummeln sechs Wochen lang unter natürlichen Bedingungen. Zu Beginn und am Ende des Experiments wogen die Forscher die Nester mit dem gesamten Inhalt: Hummeln, Wachs, Honig, Larven und Pollen. Die belasteten Kolonien waren im Durchschnitt acht bis zwölf Prozent kleiner als die Kontrollgruppe.

Außerdem entdeckten Goulson und seine Kollegen, dass die behandelten Hummeln etwa 85 Prozent weniger Königinnen hervorgebracht hatten. Dies sei ein wichtiger Punkt: Die Zahl der Königinnen beeinflusse die Zahl der neuen Nester im kommenden Winter.

Verlust von Orientierung

Mickael Henry forscht am Institut National de la Recherche Agronomique im französischen Avignon. Er und sein Team klebten winzige Mikrochips an die Körper der Versuchsbienen. Einige der kleinen Tiere kamen in Kontakt mit dem Insektizid Thiamethoxam. Diese Bienen starben zwei- bis dreimal häufiger weit entfernt von ihrem Nest als die Tiere ohne Gift. Das Insektizid habe die Orientierung der Bienen gestört.

Die Daten aus den Mikrochips nutzten die Forscher, um Flugrouten zu berechnen. Offenbar hatten die belasteten Bienen irgendwann eine Entfernung erreicht, von der aus es schwierig war, zurückzufinden.

Freilich bereiten nicht nur Insektizide den Experten Sorge. Die aggressive Varroamilbe gilt als größter Feind der Honigbiene. Sie beißt sich an den Insekten fest, wie ein Blutegel bei Säugern - aber mit dramatischerer Wirkung. Durch die milden Temperaturen im vergangenen Jahr waren die Milben laut Experten sehr lange aktiv und verstärkten so ebenfalls das Bienensterben.

Umstrittene Neonicotinoide: EU stuft Pestizide als Gefahr für Bienen ein

Eine neue Untersuchung kommt zu dem Ergebnis: Neonicotinoide Pestizide aus der Landwirtschaft sind gefährlich für Bienenvölker. Nun könnte die Bundesregierung bestehende Sondergenehmigungen abschaffen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hat die Gefahr von Neonicotinoiden für Honig- und Wildbienen in einer neuen Risikobewertung bestätigt. "Die meisten Anwendungen neonicotinoider Pestizide stellen ein Risiko für Wild- und Honigbienen dar", erklärte die Efsa. Die Nutzung dieser Insektengifte in der Landwirtschaft unterliegt bereits strengen Auflagen und könnte nun noch weiter eingeschränkt werden.

Die Efsa mit Sitz im italienischen Parma bestätigte eine frühere Einschätzung

Schon 2013 kam eine erste Studie zu dem Ergebnis, dass Neonicotinoide - namentlich die Insektizide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam, die etwa zur Behandlung von Saatgut verwendet werden - erhebliche Risiken für Honigbienenvölker darstellen. Aufgrund mangelnder Daten konnte die Risikobewertung insbesondere für Wildbienen damals jedoch nicht abgeschlossen werden.

Dennoch schränkte die EU-Kommission die Nutzung von Neonicotinoiden erheblich ein. Nur in Gewächshäusern und bei ausgewählten Nutzpflanzen wie Wintergetreide durften die Insektengifte weiterhin zum Einsatz kommen.

Die neuen Erkenntnisse würden nun der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten vorgelegt, "die über eventuelle Ergänzungen zu den gegenwärtigen Beschränkungen der Nutzung dieser Pestizide beraten werden", erklärte die Efsa.

Die Bundesregierung hatte angekündigt, für eine Neubewertung von Neonicotinoiden die Ergebnisse der Efsa abzuwarten. "Sollte sich die Schädlichkeit dieser Stoffe bestätigen, müsse ihre Verwendung verboten werden", sagte Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) Anfang Dezember 2018.

Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die sich unter anderem in der "Save the Bee Coalition" zusammengeschlossen haben, fordern schon länger eine Einschränkung von Teilverboten und Sondergenehmigungen. Der Industrieverband Agrar behauptete dagegen, dass die Mittel von fachkundigen Landwirten verantwortungsvoll eingesetzt werden könnten.

Experten hatten davor gewarnt, dass schon sehr geringe Dosen einiger Wirkstoffe der Substanzen tödlich sein könnten - es reichen vier Milliardstel Gramm pro Biene. Schwächere Dosierungen beeinträchtigen die Tiere in der Navigation und dem Lernen, reduzieren die Fortpflanzungsfähigkeit und unterdrücken das Immunsystem.

Weiteres Verbot: EU schützt Bienen vor BASF-Insektizid

Wenn die Bienen sterben, hat die Landwirtschaft ein Problem. Um die nützlichen Insekten zu schützen, schränkt die EU den Einsatz eines Pestizids stark ein. Es ist nicht das erste Verbot, das in diesem Jahr beschlossen wird.

Aus Sorge um die Bienen schränkt die EU den Einsatz eines weiteren Pestizids ein. Ab 2014 darf Fipronil nicht mehr zur Behandlung von Mais- und Sonnenblumen-Saatgut verwendet werden, teilte die EU-Kommission mit. Der Einsatz bei Pflanzen, die ausschließlich in Gewächshäusern wachsen, bleibt dagegen erlaubt. Hergestellt wird das Pflanzenschutzmittel vom Chemiekonzern BASF.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hatte das Insektizid im Mai als gefährlich für Honigbienen eingestuft. Fipronil stelle ein hohes akutes Risiko für Honigbienen dar, wenn es zur Saatgutbehandlung von Mais eingesetzt werde, hieß es in der Bewertung der Behörde. Laut Efsa sind Bienen beim Einsatz des Mittels im Maisanbau vor allem durch Staubdrift akut gefährdet. Für andere Nutzpflanzen wie auch bei Sonnenblumen habe die Behörde das Risiko nicht vollständig einschätzen können, da die Studienlage dazu nicht ausreiche.

23 Staaten stimmten für die Einschränkung von Fipronil, zwei dagegen, drei enthielten sich. Die Einigung sei ein wichtiger Schritt im Kampf gegen das Bienensterben in Europa, sagte Tonio Borg, EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Nicht das erste Pestizid-Verbot

BASF kritisierte die Entscheidung der Efsa. In deren Bewertung würden "keine neuen Risiken für die Gesundheit von Bienen genannt, die mit dem genehmigten Einsatz des Insektizids Fipronil in Zusammenhang stehen", teilte die Firma mit. Die "vielfältigen und komplexen Faktoren, die die Bienengesundheit beeinflussen", blieben bei den möglichen Maßnahmen zur Einschränkung des Fipronil-Einsatzes unberücksichtigt. Produkte auf Fipronil-Basis sind nach Angaben von BASF seit 1993 auf dem Markt und werden in mehr als 70 Ländern und bei mehr als 100 Nutzpflanzen eingesetzt.

Erst im Mai hatte die EU-Kommission den Einsatz von drei Insektiziden ab dem 1. Dezember 2013 weitgehend verboten. Dabei ging es um sogenannte Neonikotinoide, die im Gegensatz zu Fipronil in Europa in großem Maßstab verwendet werden. Diese Einschränkung soll von Dezember an gelten und spätestens nach zwei Jahren auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Auch hier war die Efsa zum Schluss gekommen, dass die Pestizide eine Gefahr für Bienen darstellen können.

Das massenhafte Bienensterben, das seit Jahren zu beobachten ist, bereitet Forschern weltweit Kopfzerbrechen. Ein großer Teil der Landwirtschaft ist auf die nützlichen Bestäuber angewiesen. Wahrscheinlich geht das Sterben der Insekten auf verschiedene Faktoren zurück, so könnten Krankheitserreger und Parasiten, und fehlende Pflanzenvielfalt ebenso zu den Ursachen zählen wie Pestizide.