Vitaminmangel in Deutschland- Ergebnisse aus einer Studie

Kaum etwas im Gesundheitsbereich wird so leidenschaftlich diskutiert wie das Thema „Vitaminmangel„.

Insbesondere Bereiche rund um die Pharmaindustrie behaupten gerne, die Versorgungslage mit Vitaminen sei gut und Vitaminmangel sei die Erfindung der Nahrungsergänzungsmittel-Industrie. Und auch immer weiter steigende Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose, Arthrose und Diabetes seien angeblich „normal“ und keinesfalls durch weit verbreiteten Vitaminmangel begünstigt.

Dabei muss eine Diskussion zu Vitaminen und einem möglichen Vitaminmangel gar nicht emotional und unsachlich geführt werden, denn es gibt eindeutige Studien darüber.

Vitaminmangel-Diskussion: Fakten oder Emotionen und Interessen?

Die „Nationale Verzehrsstudie II“ aus dem Jahr 2008 (NVS II) liefert harte Fakten zum Status der Ernährung in Deutschland und der Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen. Im Rahmen dieser vom Max-Rubner Bundesforschungsinstitut und vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz finanzierten Untersuchung wurden detailliert die Ernährungsgewohnheiten von fast 20.000 deutschsprachigen Bundesbürgern untersucht.

Die Ergebnisse sind dramatisch:

  • über ein Drittel der Bevölkerung, aus allen Altersgruppen, nimmt zu viel Energie auf („isst zu viel“),
  • die Energie wird viel zu sehr über Fette, aber auch Alkohol eingenommen,
  • gleichzeitig mangelt es einem großen Teil der Bevölkerung an verschiedenen Vitaminen, bei Vitamin D und Folsäure betrifft der Mangel sogar rund 90% der Bevölkerung.

Wer die weiter unten beschriebenen Ergebnisse und damit die Fakten kennt, wird kaum mehr behaupten, Vitaminmangel sei eine Ausnahme oder ein Ammenmärchen.

Die Untersuchungsmethodik der nationalen Verzehrsstudie NVS II

Bei der Untersuchung wurden zwischen 2005 und 2007 übers Jahr verteilt sämtlicher Lebensmittelverzehr, einschließlich des Verzehrs von Nahrungsergänzungen und Sportlernahrung, aufgezeichnet. Dabei wurde bei der Umrechnung von Lebensmitteln in den Zufuhr von Energie, Mineralstoffen und Vitaminen auch berücksichtigt, ob die Lebensmittel wie z.B. Obst und Gemüse aus lokalem oder biologischem Anbau stammen. Ebenso wurden Gewicht und Bewegungsgewohnheiten der Befragten und weitere Lebensstilfaktoren wie Rauchen oder Alkoholkonsum erfasst.

Die Struktur der Befragten gibt ein sehr gutes Abbild der Bevölkerung zwischen 14 und 80 Jahren und kann ohne Zweifel als repräsentativ angesehen werden.

Die Referenzwerte für die Aufnahme von Vitaminen stammen von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Sie bilden die Minimalwerte für einen gesunden Menschen ab. Es gibt relativ viele Kritiker, die diese Mengen für zu gering halten und jedenfalls betonen, dass die optimalen Mengen für eine Vitaminversorgung zum Wohle der Gesundheit deutlich darüber liegen.

In einem meiner Gesundheitsbriefe habe ich darüber berichtet: Was bedeuten die RDA? Richtige Dosierung von Vitaminen.

Das Ergebnis der Nationalen Verzehrsstudie zeigt aber trotz dieser Einwände eine deutliche Mangelversorgung selbst im Vergleich zu den wahrscheinlich zu niedrigen Referenzwerten der DGE auf.

Ergebnisse: Deutschland isst zu fett

Während die Ergebnisse zur Vitaminaufnahme aus nicht erklärlichen Gründen kaum verbreitet werden, geht das BfR relativ offen mit den erschreckenden Ergebnissen zum Übergewicht und der übermäßigen Energieaufnahme um. Das Fazit: Deutschland isst zu fett und ist zu über der Hälfte übergewichtig:

  • Über die Hälfte der Erwachsenen ist übergewichtig, bei Männern sind es sogar zwei Drittel, mit zunehmender Tendenz.
  • Über ein Drittel nimmt regelmäßig zu viel Energie zu sich, wobei der Anteil von Fett viel zu hoch ist und der Anteil an Kohlenhydraten und Protein zu gering ist.
  • Der Fleischkonsum ist zu hoch, Männer essen über 103 Gramm Fleisch pro Tag, Frauen mit 53 Gramm nur etwa die Hälfte.
  • Fisch wird hingegen kaum gegessen, 29 Gramm Fisch pro Tag und bei Frauen nur 23 Gramm täglich.
  • 60% der Deutschen essen zu wenig Obst, auch die Mehrzahl der Frauen nicht.

Vitaminmangel bei bis zu 90% der Menschen

Vitaminmangel ist gemäß der NVS II weit verbreitet. Aber auch Mineralstoffe wie Kalzium oder Spurenelemente wie Eisen und Zink fehlen oft in der Nahrung. Besonders mangelhaft ist die Versorgung mit:

  • Folsäure: 79% der Männer und 86% der Frauen nehmen zu wenig Folsäure auf.
  • Vitamin D: rund 80%, bei älteren Männern und Frauen über 90% der Menschen nehmen zu wenig Vitamin D auf.
  • Vitamin C: rund ein Drittel aller Bundesbürger führt mit seiner täglichen Ernährung seinem Körper nicht einmal 100 mg Vitamin C zu.
  • Vitamin E: Etwa die Hälfte der Bevölkerung nimmt zu wenig von Vitamin E zu sich.
  • Kalziummangel wurde bei etwa 60% der Bevölkerung festgestellt. Etwa ein Fünftel hat auch Magnesiummangel.
  • Eisen nehmen nur 25% der Frauen genügend zu sich.
  • Zu wenig Jod nehmen trotz der Annahme des Einsatzes von jodiertem Speisesalz 70% der Bürger auf. Ohne Einsatz von jodiertem Salz in Kantinen und Fertiggerichten würden 99% zu wenig Jod aufnehmen.

Die wichtigsten Mangelerscheinungen und Folgen der eingeschränkten Vitaminversorgung sind:

  • Folsäuremangel führt zu erhöhtem Homocysteinspiegel und fördert die Arterienverkalkung, somit verschiedene Herz-Kreislauferkrankungen.
  • Bei Schwangeren führt Folsäuremangel in den ersten Schwangerschaftswochen zu einem vierfach erhöhten Risiko von Neuralrohrdefekten des Fötus.
  • Vitamin C Mangel führt zu geringerer Eisenaufnahme, geschwächtem Immunsystem, Müdigkeit und Antriebslosigkeit.
  • Vitamin D Mangel führt zu Osteoporose, depressiven Stimmungen und einer Schwächung des Immunsystems. Über 30 Stoffwechselprozesse benötigen Vitamin D. Auch eingeschränkte Fruchtbarkeit des Mannes wird durch Vitamin D Mangel verursacht, ebenso steigt das Diabetes-Risiko.
  • Vitamin E Mangel führt zu Arteriosklerose und als Spätfolge zu Herz-Kreislauferkrankungen und Bluthochdruck.
  • Eisenmangel führt zu Müdigkeit und Antriebslosigkeit, ebenso bereits in frühem Stadium zu Haarausfall. Eisen ist besonders wichtig für eine gesunde Schwangerschaft.
  • Geringe Kalziumspiegel im Blut fördern Knochenabbau und führen zu Osteoporose. Der Effekt wird durch Vitamin D Mangel verstärkt. Wird der Knochenschwund im Alter bemerkt, geschieht das meist durch einen Knochenbruch. Dann ist bereits sehr viel Knochenmasse abgebaut.
  • Jod wird für die Schilddrüsen und die Bildung vieler körpereigener Hormone benötigt. Jodmangel während der Schwangerschaft hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Intelligenz des Kindes.

Folsäuremangel

Folsäure bzw. Vitamin B9 ist für verschiedene Aminosäurestoffwechsel essentiell, ebenso für Funktionen der Nerven. Bei Folsäuremangel erhöht sich der Homocysteinspiegel. Homocystein ist ein Abbauprodukt des Stoffwechsels und schädigt die Gefäße.

Während der Schwangerschaft, insbesondere während der ersten Wochen (also bei noch nicht bewusster Schwangerschaft) ist Folsäure wichtig für die Ausbildung des Nervensystems des Fötus. Ein Mangel erhöht das Risiko dauerhafter Schädigungen (Neuralrohreffekte) um den Faktor vier.

Folsäuremangel ist bei rund 80% – 90% der Bevölkerung festgestellt worden

Vitamin D Mangel

Vitamin D wird sowohl durch die Haut bei Sonneneinstrahlung produziert als auch über die Nahrung aufgenommen. Der Anteil in Nahrungsmitteln ist aber so gering, dass selbst bei Vitamin-D-reicher Ernährung keine ausreichenden Mengen aufgenommen werden. Die einzigen Möglichkeiten für eine ausreichende Vitamin D Versorgung sind also entweder regelmäßige Aufenthalte im Freien mit unbedeckter Haut und ohne Sonnenschutzmittel oder Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D.

Gerade ältere Menschen ab dem 50ten Lebensjahr sollten 10µg bis 20µg Vitamin D zu sich nehmen, um das Immunsystem zu stützen und den Kalziumstoffwechsel zu ermöglichen. In dieser Altersgruppe weisen über 90% der Menschen einen Vitamin D Mangel auf (Basis: Mindestempfehlung von 10µg täglich).

Vitaminmangel bei älteren Menschen

Im Alter werden die Essenportionen kleiner, weil der Energiebedarf sinkt. Gleichzeitig verschlechtern sich die Stoffwechselprozesse, weniger Vitamine können vom Körper aufgenommen werden. Der Bedarf an Vitaminen steigt. Daher ist Vitaminmangel im Alter häufiger als in jungen Jahren. Zusätzlich nehmen ältere Menschen in aller Regel viel mehr Medikamente ein, die dem Körper auch noch wertvolle Vitalstoffe rauben:

Wenn Medikamente zu Nährstoff-Räubern werden