Frauen ticken anders als Männer - auch medizinisch. Wollen sie einem Schlaganfall vorbeugen, gelten deshalb spezielle Regeln. Fünf Faktoren entscheiden bei Frauen besonders über das Hirninfarkt-Risiko, von der Einnahme der Antibabypille über Diabetes bis zu Migräneanfällen.
Frauen schlafen anders als Männer. Sie leiden auch psychisch anders als Männer. Überhaupt erkranken Frauen anders als Männer. Das gilt unter anderem beim Schlaganfall.
Zwei US-Fachgesellschaften nehmen die frauenspezifischen Risiken für Schlaganfälle inzwischen so ernst, dass sie vor kurzem eine Leitlinie zur Vorbeugung vor Hirninfarkten ausschließlich für Frauen vorgestellt haben.
"Es gibt viele Parallelen, was die Empfehlungen anbelangt", sagt der Neurologe Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie an der Charité Berlin. Typischerweise spielen bei Frauen Faktoren wie etwa die Verhütung mit der Antibabypille eine Rolle. Ebenso die Hormonersatztherapie nach der Menopause, oder eine Schwangerschaft mit Bluthochdruck.
Auch Diabetes Typ-2 zählt offenbar zu den frauentypischen Einflussfaktoren, wie eine aktuelle Studie im Medizinjournal "Diabetologia" zeigt. Die Forscher fanden heraus, dass die Erkrankung das Schlaganfallrisiko nur bei Frauen erhöht: Je höher der Langzeitzuckerwert HbA1c und das Alter sind, desto höher ist auch das Risiko.
Der Studienleiter Gang Hu vom Pennington Biomedical Research Center im US-Bundesstaat Louisiana vermutet, dass dies mit dem wechseljahresbedingten, abnehmenden Östrogenschutzeffekt zusammenhängt. Laut Hu ist es deshalb sehr wichtig, dass die Blutzuckerwerte besser eingestellt und weitere bei Diabetes vorhandene Risikofaktoren vermindert werden.
Ein weiterer Risikofaktor für Frauen ist Schwangerschaftsdiabetes. Dieser führt in etwa 50 Prozent der Fälle nach der Schwangerschaft zu einem Typ-2-Diabetes und erhöht deshalb das Schlaganfallrisiko.
Worauf aber können Frauen achten, um einem Schlaganfall vorzubeugen? Was die Leitlinien und Experten empfehlen:
Insbesondere übergewichtige Frauen haben ein erhöhtes Risiko für eine Präeklampsie: Der Blutdruck steigt deutlich an, es wird vermehrt Eiweiß über den Urin ausgeschieden, und es lagert sich Wasser ins Gewebe ein, das infolgedessen anschwillt. "Die Präeklampsie ist bisher noch nicht gut verstanden", sagt der Gynäkologe Klaus Friese, Direktor der Universitätsfrauenkliniken an der LMU München. "Sicher aber ist, dass sie das Risiko für einen späteren Schlaganfall verdoppelt."
Ist der Blutdruck bereits zum Beginn der Schwangerschaft erhöht, empfiehlt die US-Leitlinie die Einnahme von Kalzium, um das Präeklampsie-Risiko zu vermindern.
Liegt der Blutdruck über 160/110 mm Hg, sollte dieser laut Friese vom vierten Schwangerschaftsmonat an mit Präparaten gesenkt werden, die für das Kind unbedenklich sind. Darunter liegt es den Leitlinien zufolge im Ermessen des Arztes, ob er ein Medikament verschreibt.
Normalerweise spielt sie im Hinblick auf einen Schlaganfall keine große Rolle. "Anders ist das jedoch bei schlecht eingestellten Diabetikerinnen", sagt Christian J. Thaler, Leiter des Hormon- und Kinderwunschzentrums der LMU in München. Dies gelte vor allem bei jenen Diabetes-Patientinnen, die zudem schlechte Blutfettwerte hätten und womöglich auch rauchten. "Oder bei Frauen mit Migräne und merkwürdigen plötzlichen Seheindrücken (Aura)", so der gynäkologische Endokrinologe. In diesen Fällen sei von der Einnahme der Antibabypille eher abzuraten. Wer sie nimmt, sollte regelmäßig den Blutdruck kontrollieren lassen.
Sie ist schon lange umstritten, weil mehrere Studien belegten, dass die Hormone in den Wechseljahren das Risiko für Brustkrebs oder Herzinfarkte und auch für Thrombosen und Schlaganfälle erhöhen können. Inzwischen gibt es jedoch weniger Vorbehalte gegenüber der Gabe von Östrogenen und Gestagenen. Die Risiken, das wissen Experten mittlerweile, sind von Frau zu Frau unterschiedlich. Grundsätzlich können Hormone vielen Frauen in der Menopause helfen, ohne zu schaden.
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"Ob eine Hormontherapie nötig ist oder nicht, muss individuell entschieden werden", sagt der Endokrinologe Thaler. Bei ausgeprägten Beschwerden wie Schlafstörungen, heftigen Schweißausbrüchen und Depressionen, die mit keinen anderen Medikamenten effektiv behandelbar sind, "ist die Therapie mit möglichst niedrig dosierten Hormonen bei regelmäßiger ärztlicher Kontrolle oft vorteilhaft".
Leidet die Frau jedoch an Osteoporose, seien die Hormone dagegen nur eine Option. In diesem Fall gebe es auch andere wirkungsvolle Medikamente wie die sogenannten Biphosphonate oder selektive Estrogenrezeptormodulatoren (SERM). "Diese haben allerdings jeweils wieder andere Nebenwirkungen und Risiken", so Thaler.
Vorhofflimmern kommt bei Frauen viel häufiger auf als bei Männern. Durch die Herzrhythmusstörung können sich Blutgerinnseln im Herzen bilden, das Schlaganfallrisiko ist um das bis zu 5fache erhöht.
"Unter einem Alter von 65 Jahren müssen keine blutgerinnungshemmenden Medikamente eingesetzt werden, wenn das Vorhofflimmern der einzige Schlaganfallrisikofaktor ist", sagt Endres. "Über 65 Jahren normalerweise schon."
Auch wenn das Vorhofflimmern erfolgreich behandelt wird, rät der Berliner Neurologe dazu, die Blutgerinnung durch geeignete Medikamente dauerhaft zu hemmen. Das Vorhofflimmern tritt sonst häufig erneut auf.
Die Migräne ist zwar auch keine frauentypische Krankheit, tritt aber bei Frauen deutlich häufiger auf als bei Männern. Die Aura gilt als Vorbote einer Attacke, die Betroffenen haben plötzlich das Gefühl, geblendet zu werden. Es kommt zu Sehstörungen, Lichtblitzen und in bunten Farben schillernden Erscheinungen.
Die Aura erhöht das Schlaganfallrisiko leicht. "Zusätzlich zu dem gering erhöhten Schlaganfallrisiko finden wir bei diesen Patientinnen auch häufiger chronische Veränderungen der kleinen Hirngefäße", sagt der Neurologe Endres. Leider gibt es keine einfache medikamentöse Strategie, um das Schlaganfallrisiko bei Migräne mit Aura zu senken. "Wer auf das Rauchen verzichtet, kann sein Risiko jedoch deutlich verringern", so Neurologe Endres.
Im Übrigen fallen auch Depressionen und emotionaler Stress bei Frauen mehr ins Gewicht als bei Männern und erhöhen ihr Schlaganfallrisiko stärker, als es bei Männern der Fall ist.