Vitamin C, Lysin und Prolin: Unentbehrlich für das Bindegewebe

In vielen meiner Gesundheitsbriefe habe ich darauf hingewiesen, dass Vitalstoffe eigentlich nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Der Körper benötigt eine große Vielfalt an Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren, essentiellen Fettsäuren und wahrscheinlich auch den immer mehr in den Blickpunkt der Forschung geratenen Bioflavonoiden. Ausnahmslos alle dieser Stoffe müssen wir mit der täglichen Nahrung in einem ausgewogenen Verhältnis über die Nahrung zu uns nehmen.

Insofern sind Vitalstoffe kein Schnickschnack, auf den man verzichten könnte. Für unseren Körper sind diese Stoffe lebenswichtig. Das Wort „Vital“stoff sagt eigentlich alles über die Bedeutung dieser Stoffe aus. Ich habe auch – und ich möchte das heute mit meinem Beitrag noch einmal deutlich machen – immer wieder mal darauf hingewiesen, dass alle Vitalstoffe alle Vitalstoffe in einer Beziehung zueinander stehen. Diese Zusammenhänge sind noch längst nicht vollständig und ausreichend erforscht. Wahrscheinlich kennen wir nur einen kleinen Teil der Wirkungen, die sich aus dem Zusammenspiel der einzelnen Vitalstoffe zueinander ergeben.  Die große Bedeutung von Vitamin C ist relativ gut erforscht, für viele andere Vitamine stehen wir erst am Anfang der Forschung. Letztes Jahr beispielsweise – ich hatte Ihnen darüber berichtet – sind neue Erkenntnisse zu Vitamin D veröffentlicht worden, die sogar dazu geführt haben, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ihre „knausigren“ Zufuhrempfehlungen für diese Vitamin nach oben korrigiert hat.

In den letzten drei Gesundheitsbriefen habe ich Ihnen viele wissenswerte Informationen zu einigen Aminosäuren zusammengestellt: Histidin, Threonin und Prolin. Quasi im „Nachgang“ möchte ich heute damit beginnen, Ihnen das Zusammenwirken zweier Aminosäuren – Lysin und Prolin – mit dem Vitamin C zu beschreiben. Ich will mich dabei bemühen, diese Zusammenhänge so zu beschreiben, dass nicht nur Biochemiker das verstehen können (die wissen es bereits).

Es geht um drei Vitalstoffe, deren Zusammenarbeit wichtig und unentbehrlich ist für ein funktionierendes Bindegewebe. Sie werden auch lesen, was „Bindegewebsschwäche“ ist und was man dagegen tun kann.

Was ist Bindegewebe?

Etwa ein Drittel des Körpers besteht aus Bindegewebe bzw. Stützgewebe, unterteilt in Bindegewebe, Knorpelgewebe, Knochengewebe und Fettgewebe. Es handelt sich um Gerüstgewebe, das man auch als Zwischenzellgewebe oder extrazelluläre Matrix bezeichnet. Kollagen ist das Protein, das die Zellen zusammenhält, stabile Blutgefäße aufbaut, die Grundlage für Struktur und Stabilität der Knochen liefert, die Stabilität von Geweben und Organen bewirkt und bestimmte Hautschichten bildet. Kurz gesagt, Bindegewebe verleiht dem Körper Struktur. Ein Kollagenfaserbündel von 1 mm Durchmesser trägt ein Gewicht von 10 Kilo.

Das weichere, zellreiche Bindegewebe (lockeres Bindegewebe) schiebt sich in die Spalten anderer Gewebe, unterteilt, umhüllt und verbindet Organe, und führt ihnen Nerven und Blutgefäße zu (kleine Blutgefäße enden stets im Bindegewebe, von dort werden die Zellen mit Nährstoffen versorgt und Schlacken werden abtransportiert). Derberes Bindegewebe bildet Sehnen, Bindegewebshüllen (Fascien) und Bänder. Die aus Kollagenfasern gebildeten Blutgefäße und äußeren Umhüllungen der Organe sind sehr stabil und widersetzen sich stärkerer Dehnung.

Kollagen gibt dem Bindegewebe Form und Struktur

Kollagen (internationalisierte Schreibweise Collagen; Betonung auf der letzten Silbe) ist ein bei Menschen und Tieren vorkommendes Strukturprotein des Bindegewebes (genauer: der extrazellulären Matrix). Im menschlichen Körper ist Kollagen mit über 30 % Anteil am Gesamtgewicht aller Eiweiße (Proteine) das verbreitetste Eiweiß. Es ist der organische Bestandteil von Knochen und Zähnen und der wesentliche Bestandteil von Sehnen, Bändern und Haut. Kollagenfasern besitzen eine enorme Zugfestigkeit und sind nicht dehnbar. Seinen Namen erhielt das Kollagen (aus dem Griechischen: Leim erzeugend) ursprünglich aufgrund seiner früheren Nutzung als Knochenleim im Holzhandwerk.

Ein Bestandteil der meisten Eiweißverbindungen (Proteine) ist die nicht-essentielle Aminosäure Prolin. Proteine sind Bausteine, die dem Körper Form und Struktur geben. Die Hauptbestandteile unseres Stütz- und Bindegewebes, Kollagen und Elastin, sind komplexe, spiralförmig angeordnete und miteinander verschränkte Eiweißverbindungen, die die Form und Textur z. B. der Haut, Sehnen, Adern, Knochen und Gelenkverbindungen bilden. Für die körpereigene Synthese und die Funktionsfähigkeit dieser Eiweißverbindungen werden u.a. die Aminosäuren Lysin und Prolin zusammen mit Vitamin C benötigt.

Die Balance zwischen Geschmeidigkeit und Stabilität ist das Kennzeichen eines gesunden Stütz- und Bindegewebes. Ist diese Ausgewogenheit gestört, z.B. durch unzureichende Neubildung von Kollagen oder durch den Verlust von Kollagen im Laufe des Alterungsprozesses, werden die Folgen sichtbar: Die Haut wird schlaff und faltig, das Zahnfleisch blutet leicht, Wunden oder kleine Verletzungen brauchen länger, bis sie abgeheilt sind und selbst ein kleiner Stoß verursacht blaue Flecken. Der verschlechterte Zustand des Kollagens hinterlässt nicht nur äußerliche Spuren, sondern kann sich in mangelnder Elastizität und Rissigkeit der Adern und Gefäße manifestieren, aber auch in einer Schwächung und zunehmender Brüchigkeit der Sehnen, Bänder, Knochen und Gelenke.

Ohne Vitamin C gibt es kein stabiles Bindegewebe

Zusammen mit Vitamin C sorgen Lysin und Prolin für ein gesundes Bindegewebe, halten Adern und Gefäße elastisch und die Textur der Haut jugendlich. Die ergänzende Zufuhr hilft dem Organismus, ausreichend neues Kollagen zu bilden. Kollagen ist zugleich der Hauptbaustein von Knorpelmasse und Sehnen, die für die - schmerzfreie - Funktion der Gelenke und des gesamten Bewegungsapparates so entscheidend sind.

In Verbindung mit Vitamin C – und zwar nur in Verbindung mit Vitamin C - kann unser Körper aus Prolin das verwandte Hydroxyprolin herstellen, das ebenfalls ein sehr wichtiger Bestandteil der Strukturproteine Kollagen und Elastin ist. Hydroxyprolin ist, ähnlich wie Prolin selbst, an der Regeneration von Knochen- und Knorpelentzündungen beteiligt. Gleichzeitig unterstützt es den Gelenkaufbau und die Geweberegeneration. Ohne Vitamin C gibt es kein stabiles Bindegewebe.

Vielleicht verstehen Sie jetzt meinen sehr wichtigen Hinweis: Ohne Vitamin C kann der Körper kein Bindegewebe aufbauen. Verwenden Sie deshalb immer Vitamin C, wenn Sie Prolin einnehmen.

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Die Rolle von Vitamin C beim Aufbau von Kollagenfasern

Wir wissen aus den vorherigen Ausführungen bereits, dass Vitamin C benötigt wird, um Kollagenfasern im Körper zu produzieren und auch, um die einzelnen Fasern zu stabilen Faserbündeln zu vernetzen. Unser Bindegewebe besteht aus Kollagenfasern, die eine große Zugfestigkeit haben und kaum dehnbar sind, und aus einer formlosen Grundsubstanz, in die Bindegewebsfasern und Bindegewebszellen eingelagert sind.

Ein Mangel an Vitamin C führt zu Bindegewebsschwäche, auch wenn der Körper genügend Aminosäuren zur Verfügung hat, um Bindegewebe aufzubauen. Somit ist die Verfügbarkeit von genügend Vitamin C Voraussetzung für Aufbau und optimale Instandhaltung, für Festigkeit und Elastizität des Bindegewebes. Auch die Aderwände bestehen übrigens aus Bindegewebe.

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Die Rolle der Aminosäure Lysin

Ein weiterer wichtiger Baustein für das Kollagen ist die Aminosäure Lysin. Da sie der Körper nicht selbst herstellen kann, muss er Lysin mit der Nahrung aufnehmen. Lysinmangel führt ebenso zur Bindegewebsschwäche wie der Mangel an Vitamin C. Heutzutage besteht ein weitverbreiteter Mangel sowohl an Vitamin C als auch an Lysin.

Das Bindegewebe muss aber auch „durchlässig“ sein

Das Bindegewebe ist eine sehr stabile Angelegenheit und grundlegend „undurchlässig“. Wie aber gelangen Immunzellen (Monozyten) durch geschlossene Blutgefäßwände in umliegende Organe oder Makrophagen (Fresszellen) durch ein Organ zum Einsatzort, beispielsweise zu einer Entzündung? Oder spezieller: Wie kommt jeden Monat eine reife Eizelle durch den geschlossenen Eierstock in den Eileiter?

Monozyten – was sie bedeuten

Monozyten machen etwa drei bis acht Prozent der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) aus. Gebildet werden die Zellen im Knochenmark. Sie teilen sich mit den Granulozyten eine gemeinsame Stammzelle. Erst im Laufe ihrer Entwicklung und des Ortes, an dem sie sich befinden, beginnt ihre Spezialisierung. Sie befinden sich nur kurze Zeit in der Blutbahn, um anschließend ins Gewebe auszuwandern. Sie durchqueren dabei die aus festem undurchdringlichem Bindegewebe bestehenden Wände der Adern.

Ihre eigentliche Bestimmung ist die Phagozytose, das Auffressen von Mikroben und Gewebstrümmern. Damit sind sie ein wesentlicher Bestandteil der körpereigenen Abwehr. Im Gewebe nennen wir diese Zellen Makrophagen. Sie nehmen Zelltrümmer und oxidiertes LDL-Cholesterin auf. Ist ein Makrophage mit LDL-Cholesterin gefüllt, verwandelt er sich in eine so genannte Schaumzelle, die der Reparatur der Gefäßinnenwand dient. Wird jetzt die Zellinnenwand auf Ablagerungen hin untersucht, so findet man dort auch die „Pflaster“ Schaumzelle mit vielen oxidierten LDL-Cholesterinen. Über eine nicht genaue Betrachtung dieser Tatsache treffen einige Wissenschaftler die Aussage, Cholesterin sei schädlich für die Gefäße.

Man könnte auch anders fragen: Warum gelingt es anderen Teilen aus der Blutbahn nicht, die Wände der Adern zu passieren?

Natürlicher (physiologischer) Abbau von Kollagenfasern

Wie gelangt alle vier Wochen eine reife Eizelle aus dem geschlossenen Eierstock in den Eileiter? Wie gelangen Monozyten durch die geschlossene Blutgefäßwand in umliegende Organe? Wie wandern die zu Makrophagen differenzierten Monozyten durch ein Organ zum Einsatzort, also zum Beispiel zu einem Entzündungsherd?

Kollagenfaserbündel und -schichten sind sehr stabil. Ein „Durchdrängeln“ ist normalerweise nicht möglich. Doch mit Hilfe kollagenverdauender Enzyme, sogenannter Kollagenasen, wird die Wand des Eierstocks punktuell verdaut, und der Eisprung findet statt. Danach werden die kollagenverdauenden Enzyme sofort inaktiviert und die entstandene Öffnung mittels Kollagensynthese wieder verschlossen. Bindegewebsverdauende und bindegewebsreparierende Enzymmechanismen sind genau ausbalanciert.

Dasselbe geschieht bei der Auswanderung von Monozyten aus den Blutgefäßen in umliegende Gewebe und Organe: Die Basalmembran des Gefäßes wird punktuell aufgelöst und nach dem Durchtritt der Monozyten enzymatisch sofort wieder verschlossen. Wandern Makrophagen durch ein Organ zum Einsatzort, bedienen sie sich desselben kollagenverdauenden Mechanismus. Nach ihrem Durchtritt werden die kollagenverdauenden Enzyme sofort inaktiviert und die Durchtrittsstelle umgehend wieder verschlossen.

Die physiologischen Bedingungen, unter denen die enzymatische Bindegewebsverdauung vorkommt, schließt verschiedene Formen der Gewebebildung und -reorganisation ein wie Neurogenese, Vaskularisation, Gewebereparation und Wachstum.

Ich empfinde übrigens sehr viel Respekt vor der Natur, wenn ich mir diese komplexen Zusammenhänge anschaue. Im nächsten Gesundheitsbrief werde ich diese Zusammenhänge weiter beleuchten.  Es bleibt spannend.