In der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Tier (oder auch der Mensch) artfremde Milch konsumiert. Keine Katze käme auf die Idee, den eigenen Nachwuchs mit dem Milch von Kühen oder Hunden großzuziehen. Zudem ist der Mensch das einzige Lebewesen, das sich noch im Erwachsenenalter nicht von der Milch trennen kann. Jedes andere Lebewesen ernährt sich auf die von der Natur vorgesehene Weise, wenn die Muttermilch versiegt ist: Kälber fressen Gras, Katzen fangen Mäuse (oder öffnen eine Dose Katzenfutter) und Affen suchen sich Bananen.
Spaß beiseite: Nur der Mensch hält ein solches naturwidriges Verhalten für lebensnotwendig! Aber aufgepasst: Das tat der Mensch nicht immer so. Früher war das noch anders.
Die Milch ist von vielerlei Mythen umgeben: "Ohne Milch zu wenig Kalzium", "Jedes Kind braucht (Kuh-)Milch", "Milch ist gesund" usw. Erst wenn man genauer hinschaut - also auf den zweiten Blick - bemerkt man, dass dies nicht den Tatsachen entspricht, sondern dass diese Vorurteile auf die massiven Werbeaufwendungen der Milchindustrie in den letzten Jahrzehnten zurückzuführen sind.
Ich habe Ihnen einige Informationen zu Milch und zur Produktion von Milch zusammengetragen. Um ehrlich zu sein: Wenn Sie nach meinen teilweise schockierenden Informationen aufhören Milch zu trinken ist das ein gewolltes Ergebnis.
Die Milch jeder Säugetierart ist nicht nur speziell auf die Bedürfnisse des Säuglings der eigenen Nachkommen zugeschnitten, sondern passt sich sogar der Entwicklung des Säuglings in den ersten Lebensmonaten an. Das heißt konkret, dass die arteigene Muttermilch in den ersten Lebensmonaten eines Säuglings genau die ideale Zusammensetzung hat. Dies lässt sich weder durch eine artfremde Einheitsmilch noch durch ein Produkt der Nahrungsmittelindustrie ersetzen.
Für den menschlichen Organismus ist Tiermilch ein Fremdstoff, gegen den er sich oft mit Allergien und Erkrankungen wehrt. Die Allergien werden jedoch meist nicht mit dem Verzehr von Milchprodukten in Zusammenhang gebracht und deshalb oft als unheilbar angesehen. Beispielsweise ist Neurodermitis besonders bei Kleinkindern eine häufige Abwehrreaktion des Körpers gegen die Milch.
Tiermilch ist in ihrer Zusammensetzung ganz auf das Wachstum des arteigenen Jungtieres abgestimmt. Als Beispiel betrachten wir zuerst den Eiweißgehalt der Milch: Je schneller ein Tierkind sein Gewicht verdoppelt, umso höher ist der Milcheiweißgehalt seiner Muttermilch.
Einige Beispiele:
Innerhalb des ersten Jahres kann ein Kalb bis zu mehrere hundert Kilo schwer werden, welche Menschenmutter erwartet das von ihrem Kind?
Die Kuhmilch ist genau auf das Bedürfnis des Kalbes abgestimmt: schnelles Wachstum, starker Knochenbau, jedoch mäßige Gehirnentwicklung. Wegen des schnellen Wachstums des Kalbes enthält die Kuhmilch vier- bis fünfmal mehr Kalzium als die Milch unserer Frauen und im Schnitt um einige Male mehr Mineralstoffe und Eiweiß. Dies ermöglicht das schnelle Wachstum des Kalbes, was in freier Natur überlebensnotwendig wäre, um möglichst bald mit der Herde vor Raubtieren flüchten zu können.
Beim Menschenkind hingegen ist die Ausgangslage völlig anders. Es wird lange von der Mutter herumgetragen und benötigt deshalb nicht in erster Linie ein schnell wachsendes Skelett (Kalzium), sondern konzentriert sich in den ersten Lebensjahren vor allem auf die Gehirnentwicklung. Deshalb enthält die menschliche Muttermilch fast doppelt so viel Milchzucker wie die Kuhmilch. Der Milchzucker (Laktose) ist notwendig, damit der Körper Myelin herstellen kann. Dieses wiederum wird dazu benötigt, um die im vollen Wachstum befindlichen Nervenfasern schützend zu umhüllen. Zu wenig Laktose kann demnach die Entwicklung des Nervensystems und des Gehirns beeinträchtigen.
Dieses Beispiel soll nur aufzeigen, dass Milch eben nicht gleich Milch ist. Die Zusammensetzung der Milch ist ebenso individuell wie die Bedürfnisse der einzelnen Tierarten.
Eine Kuh muss immer wieder ein Kalb zur Welt bringen, bevor sie Milch geben kann. Um einen möglichst großen Profit durch die Milchkühe zu erlangen, werden sie jedes Jahr (künstlich) besamt und während der Trächtigkeit bis wenige Wochen vor der nächsten Geburt weiter gemolken. Selbst die Geburt des Kalbes wird bei den heutigen Hochleistungsrassen immer problematischer.
Fast alle Kälber entreißt man ihrer Mutter bereits kurz nach der Geburt. Die Kühe sind danach tagelang unruhig, muhen und suchen nach ihrem Kälbchen, da die Bindung der Mutterkuh zu ihrem Kalb sehr stark ist. Alle männlichen und die meisten der weiblichen Kälbchen werden für zartes Kalbfleisch getötet.
Ich denke, Dass Sie das hier auch wisen sollten: Für das rote Fleisch von gesunden Kälbern bezahlen Metzger etwa 200 Euro weniger als für das helle Kalbfleisch. Denn helles Kalbfleisch ist noch immer ein Qualitätsmerkmal und wird von den Konsumenten eigenartigerweise als hochwertiger eingestuft. Dass die Kälber aber nur wegen einer unnatürlich eisenarmen Ernährung ein so helles Fleisch bekommen, scheint den Konsumenten jedoch egal zu sein. Ich denke, der Konsument sollte das aber durchaus wissen. Übrigens brauchen auch Sie lieber Leser ziemlich regelmäßig Eisen. Sie wissen das?
Die "Milchleistung" der Kühe wurde, vor allem in den letzten Jahrzehnten, stark gesteigert. 2010 ist man bei durchschnittlich 6073 kg Milch pro Jahr angelangt. 1980 waren es erst 4180 kg. Dies führt zu vielen Krankheiten bei den Kühen (insbesondere Euterentzündungen), die meist medikamentös behandelt werden müssen. Man weiß schon lange, dass diese Medikamente - das sind überwiegend Antibiotika - in Spuren auch in der Milch enthalten sind, die wir Menschen dann verzehren. Hinzu kommt, dass auch die Zusammensetzung der Milch durch die Züchtung der heutigen "Hochleistungsmilchmaschinen" (leider werden die Kühe immer mehr als solche behandelt) stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Nach wenigen Jahren nimmt die Milchleistung der Kühe so stark ab, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen geschlachtet werden müssen.
In der Folge werde ich Ihnen auch die Lebensgeschichte der Kuh Helene beschreiben.
Vielfach wird angenommen, dass man durch den Kauf von biologischer Milch, statt konventionell produzierter, das Problem der Milchproduktion aus der Welt schaffen könne. Dabei wird jedoch vergessen, dass auch den Kühen von Bio-Bauern die oben erwähnten Leiden zugefügt werden. Auch die Bio-Milch kommt meist von Kühen, die so hochgezüchtet sind, dass sie sehr krankheitsanfällig und durch die Zuchtauswahl gezwungen sind, unnatürlich viel Milch zu geben. Damit ein Bio-Bauer wirtschaftlich überleben kann, muss auch er seine Kühe jährlich (künstlich) besamen lassen, da sonst die Milchleistung der Kuh abnehmen würde. Auch der Bio-Bauer ist auf die Mehreinnahmen durch das Kalbfleisch angewiesen.
Auch die "glücklichen" Kälber eines Bio-Bauern werden meist schon in den ersten Stunden nach ihrer Geburt von ihrer Mutter getrennt. Das Kalb wird entweder selbst aufgezogen und wenige Monate später getötet und als Bio-Kalbfleisch auf den Markt gebracht oder direkt an einen konventionellen Kälbermastbetrieb verkauft. In solchen konventionellen Kälbermastbetrieben werden auch diese "Bio-Kälber" in Einzelhaft mit unnatürlichem Futter gemästet und nach dem kurzen, eintönigen und leidvollen Leben geschlachtet.
Das Futter enthält oft kein Eisen, damit das Kalbfleisch so bleich bleibt, wie es die Konsumenten verlangen. Dies führt natürlich bei den Kälbern zu Eisenmangel (Anämie), der sich vor allem dadurch äußert, dass sie alles versuchen, um ihr starkes Verlangen nach Eisen zu stillen. Doch selbst das Belecken von Eisenstangen in ihrem Gefängnis wird ihnen durch Plastikabdeckungen oft unmöglich gemacht.
Übrigens: Bio-Milch ist auch Milch und kommt von Kühen. Bio-Milch sollte zur Aufzucht von Bio-Kälbern verwendet werden und ist von der Natur nicht zum Verzehr durch Menschen, Kaninchen, Katzen, Hunden oder Affen vorgesehen.