Blutgerinnsel: Wie gefährlich sind Antibabypillen?

Zu Beginn meines ersten Gesundheitsbriefs des neuen Jahres möchte ich Ihnen zunächst alles Gute, viel Erfolg, Gesundheit und ein friedliches neues Jahr wünschen.

Heute habe ich ein paar Meldungen, die alle mit den erhöhten Thromboserisiken der Anti-Baby-Pille zu tun haben. In Deutschland gibt es leider nicht viele Medien, die über dieses Thema berichten.

Und über Alternativen wird natürlich auch nicht berichtet. 

Neben der Verhütung sollen moderne Antibabypillen das Hautbild verschönern oder die Pfunde purzeln lassen. Doch gerade die Mittel mit Zusatznutzen stehen jetzt in der Kritik. Die Behörden in Frankreich haben entschieden, die Kosten für moderne Antibabypillen ab September 2013 nicht mehr komplett zu erstatten. Mehr als 30 Frauen dort beschuldigen die Hersteller, für gesundheitliche Schäden verantwortlich zu sein. Auch in den USA haben mehr als 10.000 Frauen Klage eingereicht. Ursache der Bedenken ist ein besonders erhöhtes Risiko, gefährliche Blutgerinnsel (Thrombosen) zu entwickeln.

Die Anti-Baby-Pillen Yasmin, Yasminelle und Yaz sind seit Jahren ein Verkaufsschlager für den Pharmakonzern Bayer: 2011 setzte das Unternehmen damit weltweit mehr als eine Milliarde Euro um. Doch jetzt machen die Hormonpräparate dem Konzern gleich doppelt Probleme. Zunächst musste Bayer in den USA die Warnhinweise in den Packungen verschärfen, nachdem die US-Arzneimittelbehörde FDA im Dezember 2011 entschieden hatte, Bayer habe nicht ausreichend vor den Risiken seiner Hormonpräparate gewarnt. Mehr als 10.000 Nutzerinnen der Pillen haben in den USA Klage eingereicht - wegen der erhöhten Thrombosegefahr. In einigen Fällen sollen die Pillen auch tödlich gewirkt haben.

Mit Hunderten Klägerinnen hat Bayer nun Vergleiche geschlossen. Insgesamt werde der Konzern aus Leverkusen 651 betroffenen Frauen rund 142 Millionen Dollar (107 Millionen Euro) zahlen, berichtete der Konzernchef Marijn Dekkers. Dies geschehe allerdings ohne Anerkennung einer Haftung, sagt Deckers.

Tausende weitere Klagen sind noch offen. Dekkers zufolge gingen in den USA bis Mitte April rund 11.900 Klagen ein, dahinter stünden etwa 14.000 Klägerinnen.

Um welche Antibabypillen geht es?

Dass die Antibabypille das Thromboserisiko erhöht, ist bereits seit ihrer Einführung vor mehr als 50 Jahren bekannt. Die betroffenen Pillen bestehen aus einem Östrogen- und einem Gestagenanteil. Die Kombination der Sexualhormone unterdrückt den Eisprung, wirkt sich aber auch auf die Blutgerinnung aus.

Anfangs galten vor allem die enthaltenen Östrogene als problematisch. Mittlerweile wurde ihre Konzentration allerdings so stark abgesenkt, dass die Gestagenkomponente an Einfluss auf das Thromboserisiko gewonnen hat. Die verwendeten Gestagene variieren von Pille zu Pille - und mit ihnen schwankt auch das Thromboserisiko.

Dabei zeigten mehrere große Studien, dass die relativ neu entwickelten, modernen Gestagene der dritten und vierten Generation das Thromboserisiko deutlich stärker erhöhen als die früher entwickelten künstlichen Hormone der zweiten Generation. Alle haben eine ähnliche Wirkung auf die Verhütung. Der Fortschritt der moderneren Gestagene besteht vor allem darin, dass sie sich positiv auf das Hautbild oder das Gewicht auswirken sollen.

Die Klagewelle in den USA konzentriert sich vor allem auf Präparate der vierten Generation, die das Gestagen Drospirenon enthalten. In Deutschland gehören beispielsweise Yasmin/Yasminelle, Aida, Yaz und Petibelle dazu. Neben der verhütenden Wirkung entzieht Drospirenon dem Körper etwas Wasser und kann so das Gewicht senken.

In Frankreich werden die Behörden zudem die Erstattung der Kosten von Präparaten mit Gestagenen der dritten Generation reduzieren. Zu ihnen zählen unter anderem die Wirkstoffe Gestoden und Desogestrel. Verhältnismäßig sicher und gut verträglich gelten hingegen Präparate mit dem Gestagen Levonorgestrel, das bereits in den sechziger Jahren entwickelt wurde.

Wie hoch ist das Thromboserisiko der verschiedenen Antibabypillen?

Das Risiko, als junge Frau ein Blutgerinnsel zu entwickeln, ist generell sehr gering. Je nach Zusammensetzung der Antibabypille kann es um das Mehrfache steigen. Für gesunde Frauen, die sonst keine Thromboserisikofaktoren haben (also nicht rauchen und nicht übergewichtig sind) geht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) von folgenden Risiken aus:

  • Von 100.000 Frauen, die keine hormonellen Verhütungsmittel nutzen und nicht schwanger sind, entwickeln innerhalb eines Jahres etwa fünf bis zehn ein Blutgerinnsel.
  • Verhüten die Frauen mit einer Antibabypille, die neben Östrogenen Levonorgestrel (zweite Generation) enthält, entwickeln im selben Zeitraum etwa 20 eine Thrombose.
  • Verhüten die Frauen mit einer Antibabypille, die neben Östrogenen Desogestrel, Gestoden (dritte Generation) oder Drospirenon (vierte Generation) enthält, entwickeln etwa 30 bis 40 innerhalb eines Jahres eine Thrombose.
  • Zum Vergleich: Bei schwangeren Frauen ist das Risiko deutlich höher. Bei ihnen sind etwa 60 betroffen.

Auch wenn die Blutgerinnsel nur selten auftreten, rät die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft dazu, das Thromboserisiko bei der Auswahl des Verhütungsmittels zu berücksichtigen. "Dies gilt besonders, wenn weitere Risikofaktoren vorliegen", heißt es in einer Mitteilung der Bundesärztekammer. Vor allem bei den unter 30-jährigen Frauen sollten demnach bevorzugt lenovorgestrelhaltige Präparate eingesetzt werden. Eine Studie hatte in der Altersgruppe ein fast fünffach erhöhtes Thromboserisiko bei der Einnahme drospirenonhaltiger Präparate nachgewiesen.

Was sind weitere Risikofaktoren für Thrombosen?

Neben der Einnahme bestimmter hormoneller Verhütungsmittel erhöhen vor allem Rauchen, Übergewicht, das Alter und wenig Bewegung das Risiko, eine Thrombose zu entwickeln. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) rät Frauen, die Rauchen und Übergewicht haben, aus diesem Grund davon ab, drospirenonhaltige Verhütungsmittel einzunehmen. Eine weitere Rolle spielen genetische Faktoren, die die Blutgerinnung beeinflussen. Aus diesem Grund sollten Frauen vorsichtig sein, in deren Familie schon häufiger Thrombosefälle aufgetreten sind. Ebenfalls einen Einfluss haben verschiedene Krankheiten. Generell sind die Risiken bei Erstanwenderinnen und im ersten Behandlungsjahr am größten.

Wie hoch ist das Thromboserisiko anderer hormoneller Verhütungsmittel?

Zu den hormonellen Verhütungsmitteln zählen neben der Antibabypille auch Pflaster, kleine Stäbchen im Oberarm, Vaginalringe und Spiralen, die Hormone abgeben. Laut einer dänischen Studie erhöhen sie das Risiko, ein gefährliches Blutgerinnsel zu entwickeln, mitunter noch stärker als die Antibabypille.

Die Forscher hatten die Daten von rund 1,6 Millionen Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass Hormonpflaster das Risiko eines Blutgerinnsels am meisten erhöhen, gefolgt vom Vaginalring. Erst dann kam die Antibabypille. Hormonröhrchen mit nur einem Hormon steigerten die Thrombosewahrscheinlichkeit nur leicht, die Spirale sogar gar nicht. Die Ergebnisse müssen allerdings noch von weiteren Studien bestätigt werden.

Auch französische Frauen zeigen Pharmakonzerne an

30 Französinnen beschuldigen die Hersteller von Antibabypillen, erhebliche gesundheitliche Schäden verursacht zu haben. Es geht um Schlaganfälle, Lungenembolien und Thrombosen. Jetzt muss sich die französische Justiz mit Bayer, Pfizer und Co. beschäftigen.

Nach einer Klagewelle in den USA, bei der sich Bayer Anfang 2012 auf einen Vergleich und die Zahlung von 107 Millionen Euro einließ, steht das Unternehmen aus Leverkusen auch in Frankreich erstmals vor einer Reihe von Verfahren wegen möglicher Nebenwirkungen von Antibabypillen. 30 Frauen haben inzwischen angekündigt, vor einem Gericht der Region Paris gegen Medikamentenhersteller zu klagen, weil sie sich als Opfer von Verhütungsmitteln der sogenannten dritten und vierten Generation betrachten.

Die Betroffenen im Alter zwischen 17 und 48 Jahren, die auch gegen Schering, Merck und Pfizer vor Gericht ziehen wollen, haben durchweg schwere gesundheitliche Schädigungen davongetragen. Einen Gehirnschlag erlitten 15 Frauen, drei beklagen eine Lungenembolie, andere trugen durch Thrombosen schwere Lähmungen davon, epileptische Anfälle oder Sprachstörungen. Verantwortlich dafür machen die Geschädigten die Einnahme von oralen Verhütungsmitteln - vor allem jene Arzneien, die seit Anfang der achtziger Jahre zunehmend die ersten Anti-Baby-Präparate ersetzten.