Die Heilkraft von Vitamin D (8)

Heute bekommen Sie Teil 8 zu unserer Serie über Vitamin D. Damit schließen wir dann dieses Thema vorerst ab. Die Schwerpunkte des heutigen Briefs:

  • Kann man über Nahrungsmittel genügend Vitamin D bekommen?
  • Die Hautkrebshysterie
  • Was ist von Solarien zu halten?
  • Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel

Kann man über Nahrungsmittel genügend Vitamin D bekommen?

Die DGE räumt ein, dass die Vitamin-D-Versorgung im Argen liegt. In Deutschland werden über die Nahrung nur circa 100 I.E. erreicht, die Hälfte der von ihr empfohlenen (sehr niedrigen) Dosis. Die aktuelle Stellungnahme der DGE zum Thema vom 25.4.2006: “Zur Vitamin-D-Versorgung tragen einige fettreiche Lebensmittel wie Hering, Lachs, Thunfisch, Leber, Hühnerei und Margarine (mit Vitamin D angereichert) sowie auch Pilze bei.“

Ich möchte Ihnen die Meinung von Nicolai Worm dazu nicht vorenthalten: „Wie aberwitzig, dieser Anspruch, ein natürliches Hormon, das schon seit Urzeiten nur über Sonnenlicht in ausreichenden Mengen dem Körper zur Verfügung gestellt werden kann, nun mit „vollwertiger Ernährung“ abdecken zu wollen! Wie eklatant die „Ernährungsfalle“ ist, zeigen die aktuellen Dosis-Findungsstudien.“

Am Ernährungsinstitut der Universität von Cork in Irland haben Kevin Cashman und Mitarbeiter zwei doppelblinde, placebokontrollierte Dosis-Findungsstudien durchgeführt, und zwar mit Dosierungen, die auch mit extremer Ernährung noch erreicht werden könnten. Eine Studie untersuchte Probanden im Alter von 20 bis 40 Jahren, und die zweite beschränkte sich auf über 64-Jährige. Die Probanden wurden jeweils in vier Gruppen unterteilt. Dann gab man den Teilnehmern über einen Zeitraum von 22 Wochen im Winterhalbjahr entweder als Placebo oder jeweils 200, 400 und 600 I.E. täglich in Form eines Supplementes. Anhand der jeweils erzielten 25D-Blutkonzentration konnten die Forscher eine Dosis-/Wirkungskurve erstellen. Daraus rechneten sie die Dosierungen hoch, die zum Erreichen bestimmter Schwellenwerte im Blut nötig wären.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Um bei 97,5 Prozent der Teilnehmer wenigstens einen Blutwert von 10 ng/ml  zu erzielen, muss man im Mittel 348 I.E. bei den 20- 40-Jährigen und 344 I.E. bei den Älteren geben. Das ist die Grenze zur klinisch feststellbaren Knochenerweichung! ... Wir wollen gesundheitsfördernde Blutwerte. Die Studienergebnisse zeigen, dass wir chancenlos sind, selbst eine Minimalversorgung an Vitamin D über unsere übliche Ernährung zu erreichen.

Gottlob lieferten Kevin Cashman und Mitarbeiter auch exakte Werte für höhere Blutspiegel. Um wenigstens 90 Prozent der Teilnehmer auf einen Wert über 20 ng/ml zu bringen, benötigte man eine mittlere Zufuhr von 1240 I.E. bei den jüngeren und 980 I.E. bei den älteren.

Auch mit diesem Blutspiegel können wir uns aber nicht zufrieden geben! Wenn man unsere Mindestforderung, das heißt eine 25 D-Blutkonzentration von mindestens 30 ng/ml, für alle Teilnehmer erfüllen wollte, hätte man 1760 I.E. bei den jüngeren und 1550 bei den älteren benötigt. Jetzt sind wir schon bei um das Achtfache höheren Dosierungen, als es die Empfehlungen vorgeben.“

Worm nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er beklagt: “Obwohl die Versorgungslage für Vitamin D in Deutschland beklagenswert ist und von der DGE selbst beklagt wird, verhindert dieselbe Gesellschaft eine Verbesserung der Situation, indem die Möglichkeit einer Supplementierung über frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel massiv beschnitten wird. Wenn Sie Ihr Vitamin D hoch dosieren wollen, müssen Sie sich daher ein Rezept beim Arzt besorgen oder apothekenpflichtige Monopräparate quasi packungsweise essen, was teuer und wenig praktikabel ist. ...

Im Grunde genommen ist es unverantwortlich, dass sich die Fachgesellschaften immer noch gegen Supplementierung aussprechen. Da bleibt nur eine Hoffnung: Die Amerikaner werden sicherlich in nicht allzu ferner Zukunft ihre Zufuhrempfehlungen deutlich anheben. Dann wird es noch die berühmten vier bis fünf Jahre dauern, bis unsere Fachgesellschaften dies als neueste Erkenntnis verkaufen und in gleicher Weise empfehlen."

Die Hautkrebshysterie

Vitamin D wird durch die Sonne in der Haut gebildet. Ohne Sonnenschein besteht die Gefahr der Unterversorgung mit Vitamin D.
Vitamin D wird durch die Sonne in der Haut gebildet. Ohne Sonnenschein besteht Gefahr der Unterversorgung mit Vitamin D.

Vitamin D ist wesentlich für viele wichtige Funktionen im Körper, wie Nicolai Worm in den vorangegangenen Kapiteln aufzeigte. Dennoch lautet die allgemeine Devise:“Die Sonne meiden, um gesund zu bleiben.“

Worm hält dem entgegen: „Eine gut gebräunte Haut ist der beste Schutz gegen den schwarzen Hautkrebs!“

Bei Hautkrebs handelt es sich um unterschiedliche Erkrankungen mit verschiedenen Einflüssen, die Sonne ist nur einer der  zahlreichen Faktoren. Die Schäden werden weniger vom kurzwelligeren UVB als vom UVA angerichtet. Je mehr Melanin die Haut hat - je deutlicher also die Bräunung ist - desto geringer sind Schäden durch die Strahlung. Das Hautpigment Melanin wandelt fast die gesamte Strahlungsenergie in harmlose Wärme um und verhindert dadurch die Bildung freier Radikale, welche Zellschäden verursachen können.
Das Melanom, der gefürchtete schwarze Hautkrebs, kommt durch die Schutzfunktion des aktivierten Melanins bei Menschen mit schwarzer beziehungsweise brauner Hautfarbe um ein Vielfaches seltener vor als bei Weißen. Der Selbstschutz der Haut vor sonnenbedingten Schäden, besteht in Bräunung und Vitamin D-Bildung.

Bei Hautkrebs unterscheidet man den Melanom-Hautkrebs und den Nicht-Melanom-Hautkrebs, die beide unterschiedliche Ursachen und auch unterschiedliche gesundheitliche Relevanz haben.

Der schwarze Hautkrebs - Melanom - hat seinen Namen vom Entstehungsort, den Melanozyten. Dieser bösartige Tumor der Pigmentzellen kann unkontrolliert wachsen und in umliegendes, gesundes Gewebe eindringen. Über die Streuung als Metastasen kann er in Knochen, Gehirn und vielen anderen Organen Tumore verursachen. Er macht nur 10 Prozent der Hautkrebsfälle aus, ist jedoch verantwortlich für 85 Prozent der Todesfälle durch Hautkrebs. Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und des Deutschen Krebs-Forschungszentrum erkranken in Deutschland jährlich 14 000 bis 15 000 Menschen am Melanom, von denen 2000 sterben - das macht etwa ein Prozent aller Krebstodesfälle bei uns aus.

Der Nicht-Melanom-Hautkrebs, auch weißer Hautkrebs genannt, kommt häufiger vor, ist dafür jedoch wesentlich ungefährlicher als das Melanom. Man unterscheidet Basalzellenkarzinom und Plattenepithelkarzinom. Das Basalzellenkarzinom oder Basaliom ist die häufigste Hautkrebsart und tritt in der Epidermis (obere Hautschicht) auf. In der BRD gibt es jährlich 100 Fälle auf 100 000 Einwohner. Er tritt meist im Gesicht, an Ohren und Handrücken auf, als kleine glatte, perlmuttartige Erhebungen. Er kann wachsen und in umgebendes Gewebe eindringen, bildet jedoch nur in 0,03 Prozent der Fälle Metastasen.
Das Plattenepithelkarzinom oder Spinaliom zeigt sich vor allem im Gesicht als feste rote Erhebung und fühlt sich trocken, juckend und schuppig an. Nach Angaben der DKG gibt es in Mitteleuropa jährlich 20 bis 30 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner. Das Alter der Patienten liegt bei 70 Jahren, Männer sind häufiger betroffen. Bei Nichtbehandlung kann er sich in angrenzende Lymphknoten oder Organe ausbreiten, was aber nur selten geschieht.  
Für die beiden weißen Hautkrebsarten liegt die wichtigste Ursache in häufiger übermäßiger Sonnenbestrahlung. Besonders gefährdet sind Personen mit geschwächtem Immunsystem.

Je früher solch ein Krebs entfernt wird, desto besser die Heilungschancen!

Dagegen tritt dam Melanom auffällig oft an Körperstellen au, die nicht oder nur selten der Sonne ausgesetzt sind. Risikofaktoren sind erbliche Vorbelastung, Muttermale und helle, sonnenempfindliche Haut. Sonnenbrände steigern das Risiko. Je früher er entdeckt wird, desto aussichtsreicher ist die Therapie.

Die Forscherbrüder Garland fanden übrigens heraus, dass Menschen, die im Freien arbeiten, wesentlich seltener Melanome bekommen als solche, die in Innenräumen tätig sind.

Drei neue Metaanalysen von 60 epidemiologischen Studien bestätigen das: Regelmäßige Sonnenbestrahlung durch Aufenthalt im Freien, durch Sport oder Gartenarbeit, senkt das Melanomrisiko. Verschiedene Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass Sonnenschutzmittel das Melanomrisiko erhöhen, wenn sie UVB blockieren und UVA (gewebeschädigend) durchlassen.

Die vorliegenden Daten sprechen für sich: Die eigentliche Problematik liegt in der gelegentlichen, aber dafür sehr intensiven Sonnenbestrahlung (nach dem Motto: Raus aus dem Büro - hinein in den Kenia-Urlaub): Weiße Haut hat bei intensiver Sonnenbestrahlung keinerlei Pigmentschutz. Die UV-Strahlen können in tiefe Hautschichten eindringen und dort das Erbgut  der melaninproduzierenden Zellen verändern. Auch fehlt in weißer Haut Vitamin D, um entartete Zellen auszusondern. Wenn dagegen die Haut durch kontinuierliche, langsam ansteigende Sonnenbestrahlung stark pigmentiert und verdickt ist, können die UV-Strahlen die oberen Hautschichten kaum durchdringen und keinen Schaden an der DNS der Melanozyten anrichten.

Man hat festgestellt, dass Rauchen zu ähnlichen Alterungsvorgängen in der Haut führt wie chronische Sonnenbestrahlung. Das erklärt wohl auch, dass Rauchen plus ausgiebiges Sonnenbaden das Risiko für weißen Hautkrebs verstärken.

Eine kürzlich durchgeführte internationale Vergleichsstudie bestätigte, dass Menschen mit weißem Hautkrebs, wegen der besseren Vitamin-D-Versorgung, seltener an Krebs der inneren Organe erkranken.

Offenbar ist es eine Frage der Dosis, ob die Sonne mehr nützt als schadet!

Was ist die richtige Dosis?

Nach einem langen Winter sollte man sich vorsichtig an die Sonne herantasten, wobei die Hellhäutigen am meisten Obacht geben müssen: Am ersten Tag ein paar Minuten Sonne - ohne Sonnenschutzmittel -, dann in den Schatten. Am zweiten Tag ein bis zwei Minuten länger - wieder ohne Sonnenschutz, damit sich die Pigmente aufbauen können. Langsam die Dauer der Besonnung steigern, jede Rötung (= Überdosis) sollte vermieden werden. Wer länger in der Sonne bleiben will, muss nach den ersten ungeschützten Minuten eine Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor (die UVA und UVB abhält) auftragen. Nach der ersten Tönung darf man etwas länger in der Sonne bleiben, nach richtiger Bräunung noch länger. Zur Erinnerung: Bei Weißhäutigen ist nach 20 Minuten das Maximum an Vitamin-D-Bildung in der Haut erreicht, bei brauner Haut dauert es deutlich länger.

Das lange Sonnenbaden ist eher wieder ungesund.

Man sagt, dass die Hälfte der Zeit, die nötig wäre, um einen Sonnenbrand auszulösen, die sinnvollste Sonnendosis bedeutet, auch sie dauert mit zunehmender Bräunung länger.

Es gibt noch eine neue These zum Melanom, das seit 70 Jahren in allen Industriegesellschaften kontinuierlich ansteigt: Seit dieser Zeit verbringen Menschen immer mehr Zeit in Innenräumen, mit zunehmend großen Fenstern. Diese lassen das krebsfördernde UVA-Licht zum Großteil eindringen, während sie das krebsschützende UVB-Licht aussperren.

Was ist von Solarien zu halten?

Grundsätzlich gilt, dass sich die Strahlenwirkung moderner „künstlicher Sonnen“ nicht wesentlich von  der natürlichen Sonneneinstrahlung unterscheidet. Es ist ein Mix aus UVA und UVB, wobei der UVB-Anteil (der die Vitamin-D-Bildung ankurbelt) zwischen 0,7 und 2,5 Prozent liegt.

Seit kurzem gibt es eine EU-Verordnung, nach der die Bestrahlungsstärke neu produzierter Geräte nicht über derjenigen der Mittagssonne am Äquator liegen darf - rund 0,3 Watt pro Quadratmeter.

Es gibt inzwischen genügend kontrollierte Studien, die eindeutig eine Vitamin-D-Bildung durch Solarien belegen. In unseren Breiten könnte das bei regelmäßiger Benutzung die Vitamin-D-Versorgung im Winterhalbjahr sichern. Auch hier ist eine Rötung zu vermeiden.

Bei der Wahl des Sonnenstudios sollte man auf das Gütesiegel des Bundesamtes für Strahlenschutz oder auf das Qualitätssiegel „Geprüftes Sonnenstudio“ der Initiative Geprüftes Sonnenstudio achten.

Auch die Medizin setzt künstliche UV-Bestrahlung für therapeutische Zwecke ein.

Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel

Aus den Ausführungen des Buches von Nicolai Worm geht zweifelsfrei hervor, dass unsere Vitamin-D-Versorgung im Argen liegt, insbesondere im Winterhalbjahr. Aus den verschiedenen Dosis-Findungsstudien wissen wir, wie viel Vitamin D zugeführt werden muss, um einen guten Status zu erlangen. Mangelsituationen sollten dabei möglichst schnell behoben werden.

Wenn wir beispielsweise einen niedrigen Blutwert von 10 ng/ml zugrunde legen  und einen Wert von 40 ng/ml anstreben, müssen wir ein paar Monate lang täglich 3000 I.E. einnehmen. Um einen Wert von 50 ng/ml zu erreichen, müssten es täglich 4000 I.E. sein. Nähern sich die Werte dem optimalen Bereich, verringert der Organismus die Ausnutzung der angebotenen Vitamine, um nicht in den toxischen Bereich zu kommen.

Der Forscher Holick berechnete, dass die erwachsene amerikanische Bevölkerung  durchschnittlich 3000 I.E. Vitamin D aufnehmen müsste, um ihren 25 D-Spiegel auf über 35 ng/ml anzuheben. Bei Kanadiern mittleren Alters hat eine sechsmonatige Zufuhr  von täglich 4000 I.E. einen 25 D-Spiegel von 44 ng/ml erzielt. Kommentar von Worm: „Außer einer besseren Laune fand man keinerlei Nebenwirkungen.“ Er führt aus: „Man kann also davon ausgehen, dass die Dosierungen um 4000I.E. immer noch relativ niedrig liegen, auch wenn sie zwanzigfach höher sind als der gegenwärtig angegebene „Bedarf“. Zum Vergleich noch mal der Hinweis: Ein kurzes Sonnenbad erzeugt wesentlich mehr Vitamin D als 4000 I.E., 10 bis 20 Minuten in der Mittagssonne bei möglichst großflächig unbedeckter Haut liefern dem Körper im Optimalfall 20 000 I.E. Daher gilt selbst die dauerhafte Einnahme von 10 000 I.E. pro Tag noch als unbedenklich:“

Am Schluss des Buches gibt Nicolai Worm noch Empfehlungen zu hoch dosierten Präparaten und er gibt die Präventions- und Therapieempfehlungen des Forschers Holick weiter. Das Buch ist auch für Laien gut lesbar und gibt einen umfangreichen Überblick über den neuesten Wissensstand zum Thema Vitamin D. Worm beschreibt darin auch, wie und mit welcher Dosierung er seinen eigenen Vitamin-D-Status verbessert hat.