Der heutige Gesundheitsbrief beschäftigt sich mit Pantothensäure, vielen von Ihnen vielleicht noch unter der früher gebräuchlichen Bezeichnung Vitamin B5 bekannt.
Mit Vitaminen ist es wie mit den Künstlern: Die mit den großen Namen sind fast allen Menschen bekannt. Andere dagegen, die bisher nur ein ausgewähltes Publikum verzücken, kennt trotz ihrer nachweisbaren Qualitäten so gut wie niemand. Ein solches, bisher ziemlich im Verborgenen wirkendes Vitamin ist die Pantothensäure. Eigentlich haben sich Ernährungswissenschaft und Medizin um diesen Vertreter aus der Klasse der wasserlöslichen B-Vitamine bisher kaum geschert. Denn zum einen ging man mehr oder weniger stillschweigend davon aus, dass bei der heutigen Ernährungssituation ein Mangel so gut wie ausgeschlossen sei. Andererseits waren die medizinischen Einsatzbereiche bisher vor allem auf den Bereich "Haut" beschränkt.
Dass beide Annahmen etwas kurz gegriffen sind und über welche für Ihren Körper wichtigen Eigenschaften die Pantothensäure verfügt, möchten wir Ihnen in unserem heutigen Beitrag erläutern.
Im Jahr 1931 wurde erstmals in Hefen ein für das Wachstum bisher unbekannter essenzieller Faktor entdeckt. Da er sich später auch bei vielen anderen Lebewesen fand, bezeichneten die Wissenschaftler das Vitamin nach dem griechischen Wort für "überall" (pantothen) als "Pantothensäure".
Die Pantothensäure ist - wie fast alle B-Vitamine - ein Bestandteil von so genannten Co-Enzymen. Das sind relativ kleine Moleküle, die zusammen mit den großen, aus Eiweißen bestehenden Enzymen im Körper biochemische Reaktionen ablaufen lassen (katalysieren). Ohne das Zusammenspiel von Co-Enzymen und Enzymen wäre der gesamte Stoffwechsel lahm gelegt.
Pantothensäure ist am Aufbau des Co-Enzyms A beteiligt. Seine Aufgabe ist die Übertragung kleiner organischer Verbindungen (Acylreste) beim Zusammenbau von vielen wichtigen körpereigenen Substanzen. Daraus erklärt sich das oben aufgezählte breite Wirkungsspektrum der Pantothensäure.
Den Lebensmittelanalytikern bereitet die manchmal auch als Vitamin B5 bezeichnete Pantothensäure sehr große Schwierigkeiten. Denn es ist bis heute nicht gelungen, ein genaues Nachweisverfahren für das Vitamin zu etablieren. Für Sie als Verbraucher hat das zwei Konsequenzen: Erstens weiß niemand ganz genau, wie viel des Vitamins der Körper eigentlich benötigt, und zweitens ist es sehr schwierig, verlässliche Daten über den Pantothensäuregehalt in Nahrungsmitteln zu gewinnen.
Allgemein wird angenommen, dass eine tägliche Aufnahme von 6 mg Pantothensäure ausreichend ist. Die meisten Untersuchungen gehen davon aus, dass mit einer normalen Ernährung die Versorgung gesichert sein müsste. Allerdings beruht diese Annahme nicht auf direkten Messungen (da diese eben nicht möglich sind), sondern es handelt sich lediglich um eine grobe Schatzung.
Mittlerweile haben sich jedoch berechtigte Zweifel daran ergeben, dass die Versorgung mit Pantothensäure immer noch ausreichend ist. Denn bei der Bedarfsschätzung sind Verluste durch die Lagerung und Zubereitung der Lebensmittel nicht berücksichtigt. Pantothensäure ist sehr hitzelabil. Die Verluste beim Kochen betragen daher bis zu 30 %.
Und noch ein Punkt kann dazu beitragen, dass wir heute viel weniger Pantothensäure aufnehmen als unsere Elterngeneration: Lebensmittel, die besonders viel dieses Vitamins enthalten, verschwinden mehr und mehr von unseren Tellern, z. B. Innereien und Hülsenfrüchte. Stattdessen steigt der Verbrauch an Fleisch, Fett und Süsswaren, deren Pantothensäuregehalt gegen Null tendiert.
Tatsachlich hat Professor Klaus Pietrzik von der Universität Bonn bereits vor etwa 20 Jahren in einer Stichprobenuntersuchung ermittelt, dass viele Menschen weniger als die empfohlenen 6 mg täglich aufnehmen. Auch neuere Untersuchungen aus den USA deuten auf eine schleichende Unterversorgung hin.
Massive Mangelerscheinungen, die durch eine zu geringe Zufuhr an Pantothensäure verursacht werden, sind relativ selten. Doch Mangelsymptome sind bloß die Spitze eines Eisbergs. Denn die Vitaminforscher sind sich weitgehend einig, dass bereits durch einen unterschwelligen Mangel viele Körper- und Organfunktionen beeinträchtigt sein können.
Um einen schleichenden Mangel von vornherein zu unterbinden, sollten Sie bei Ihrer Ernährung vor allem auf pantothensäurereiche Produkte setzen. Innereien wie Leber oder Nieren sollten wegen des möglichen Schadstoffgehaltes nicht regelmaßig verzehrt werden. Als Alternative stehen jedoch Fisch, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sowie Vollkornprodukte zur Verfügung.
Falls diese Nahrungsmittel nicht regelmäßig auf Ihrem Speisezettel stehen (was jedoch auch aus anderen gesundheitlichen Granden eigentlich empfehlenswert wäre), sollten Sie auf Nahrungsergänzungsmittel setzen, mit denen Sie täglich 6 mg Pantothensäure zuführen.
Das einzige Gebiet, auf dem die Pantothensäure nicht nur aus ernährungswissenschaftlicher, sondern auch aus medizinischer Sicht eine breite Anwendung gefunden hat, ist die Behandlung von Hautkrankheiten (Dermatologie).
Die Hauptfunktion des Vitamins besteht bei Hauterkrankungen dann, dass es den Stoffwechsel sowie die Zellteilung anregt und somit die Regeneration neuen Gewebes fördert.
Relativ unbekannt ist jedoch, dass Pantothensäure die Darmfunktion unterstützt. Bereits in den 80er Jahren sind entsprechende Studien an der Universität Basel durchgeführt worden. So konnte beispielsweise die tägliche Gabe von 500 mg Pantothensäure nach einer Darmoperation die dann normalerweise oft zu beobachtende Darmlähmung verhindern.
Die Wirkung beruht vermutlich darauf, dass das Vitamin in den Nervengeweben des Darms die Bildung des für die Nervenaktivitat wichtigen Botenstoffs Acetylcholin anregt. Daraus resultiert letztlich eine gesteigerte Darmbewegung (Peristaltik).
Die Baseler Forschungen haben außerdem gezeigt, dass 500 mg Pantothensäure täglich ein probates Mittel gegen Verstopfung sein können. Da Nebenwirkungen auch weit oberhalb dieser Dosis nicht zu befürchten sind, spricht nichts gegen die Anwendung dieses natürlichen Abführmittels in der Schwangerschaft.
Verschiedene Studien dazu sind seit 1987 vor allem an der Universität Parma durchgeführt worden. Die tägliche Gabe von 900 mg des Vitamins (3 x 300 mg) konnte die Konzentration des schädlichen LDLCholesterins und der Triglyceride deutlich reduzieren.
Dieser Effekt beruht möglicherweise auf einem beschleunigten Abbau der Blutfette und einer Hemmung der Cholesterinsynthese. Vermutlich sind diese Anwendungsgebiete noch nicht die letzten, die für die Pantothensäure erschlossen werden. Wissenschaftler untersuchen derzeit unter anderem die Wirksamkeit des Vitamins gegen rheumatoide Arthritis und entzündliche Darmerkrankungen.