Heilverfahren: Akupressur

Heute möchte ich die Serie zur Beschreibung verschiedener Heilverfahren mit einem Überblick über die "Akupressur" fortsetzen.

Akupressur ist eine Behandlungsmethode der Traditionellen chinesischen Medizin (TCM), die durch sanften Druck auf verschieden Hautareale zu Schmerzlinderung führt und auf die Organe und ihre Funktionen wirkt. Auf Chinesisch nennt man die Akupressur "Zen Jui". Diese Methode ist ein Teil der chinesischen Tuina-Massage, die langsam auch im Westen bekannter wird.

Ansatz

Die Akupressur entstand rund 3000 v. Chr. aus der Erfahrung heraus, dass bestimmte Punkte des Körpers besonders empfindlich reagieren und wie "Pforten" ins Innere sind. Sie liegen auf den Meridianen, den Energieleitbahnen des Körpers. Aus diesem Wissen entwickelte sich später die Akupunktur. Bis heute gelten in der Akupunktur und Akupressur großteils die gleichen 361 Punkte. Insgesamt spricht man in der Traditionellen Chinesischen Medizin von zwölf Hauptmeridianen, die den ganzen Körper überziehen und in Verbindung mit den Organen stehen. Darüber hinaus gibt es acht Sondermeridiane, die mit den Körperfunktionen verbunden sind. Die bedeutendsten sind das Lenkergefäß, das sich von der Oberlippe über den Kopf und Rücken bis zum Dammbereich entlangzieht, und das Konzeptionsgefäß, das vom Damm über Bauch und Brust bis zur Unterlippe hochströmt. Die wichtigsten Punkte des Konzeptionsgefäßes entsprechen auch den Energiezentren der indischen Medizin, den Chakren. Die westliche Medizin konnte nachweisen, dass sich an diesen Stellen die vegetativen Nervengeflechte befinden, die die inneren Organe regulieren.

Die Akupressur kann allerdings auch wie eine Massage ohne Bezug zu den Akupunkturpunkten ausgeführt werden. Indem man sich intuitiv zum Beispiel an schmerzende Stellen an den Schultern fasst und sie massiert, betreibt man eine Form der Akupressur. Im heutigen China werden chinesische Massagetechniken oft zur Selbstbehandlung, etwa gegen Ermüdung, zur Entspannung und Vorbeugung von Krankheiten, angewendet.

Was Tuina bzw. Akupressur von der westlichen Massage unterscheidet, ist die Verbindung einer strengen Systematisierung der manuellen Techniken mit der philosophischen Grundhaltung der Traditionellen Chinesischen Medizin. Auf diese Weise stehen zum Beispiel lokalisierte Schmerzbefunde und Verspannungen in einem größeren Zusammenhang. Durch Druck und Reiben etwa sollen Störungen des Gleichgewichts der Lebensenergie, wie sie durch Stress oder einen falschen Lebensstil hervorgerufen werden, beseitigt und damit auch verschiedene Symptome gelindert werden.

Behandlung

Die Akupunkturpunkte, an denen man auf den Energiekreislauf Einfluss nehmen kann, lassen sich in unterschiedlicher Weise behandeln. Die einfachsten Formen der Stimulation sind das Drücken, Kneten, Reiben und Klopfen mit den Fingern, Fingernägeln, Handkanten und -ballen oder Knöcheln.

Der Körper sollte eine entspannte Haltung einnehmen, die Atmung tief und konzentriert sein und die Behandlung mental unterstützt werden (etwa durch die Konzentration auf das Abklingen des Schmerzes). Die Behandlung wird im Sitzen oder Liegen durchgeführt.

Akupressur eignet sich gut zur Selbstbehandlung, jedoch sollte man die genaue Lage der zu behandelnden Punkte unter ärztlicher Anleitung erfahren und nicht aus Büchern oder Zeitschriften erlernen, um nicht unbeabsichtigt Schaden anzurichten. Bei der Akupunktmassage können die ausgewählten Punkte auch mit einem speziellen Vibrationsgerät massiert werden.

Drücken

Dabei wird mit den Fingern, der Handkante oder den Knöcheln über die Haut senkrecht ein gleichmäßiger Druck auf einzelne Akupunkturpunkte ausgeübt. Die Behandlung sollte maximal leichte Schmerzen hervorrufen, wonach der Punkt mit gleicher Stärke weiter gedrückt wird, bis der Schmerz nachlässt. Anschließend wird nur noch leichter Druck ausgeübt. Ein leichtes Pulsieren im Gewebe zeigt die richtige Druckstärke und die zunehmende Durchblutung an.

Gleichmäßiger und längerer Druck (1 Minute) entspannen und beruhigen, zunehmender und kürzerer Druck (3 bis 5 Sekunden) aktivieren und stimulieren eher.

Kneten

Mit Daumen, Fingern oder Handballen werden langsam kreisende Knetbewegungen am Bindegewebe oder an Muskeln ausgeführt. Dabei wird meist im Uhrzeigersinn massiert. Die Haut bewegt sich dabei mit. Diese Technik wird vor allem bei Verspannungen eingesetzt. Die Bewegungen sind großflächiger und durchbluten die Muskulatur.

Reiben

Durch das schnelle Hin- und Herbewegen der flachen Hand oder von Teilen von ihr wird die Durchblutung an der Oberfläche der Haut angeregt. Auf die Haut wird dabei nur geringer Druck ausgeübt, sie bewegt sich kaum mit.

Klopfen

Ein Punkt oder Körperbereich wird mit den Fingerspitzen, der Handkante oder der Faust beklopft. Schwaches Klopfen führt zu einer Beruhigung der Haut, des Bindegewebes und der Muskulatur, starkes Klopfen aktiviert sie.

Anwendungsgebiete

Akupressur und Tuina kommen in der Traditionellen chinesischen Medizin (TCM) als Haupt- oder Ergänzungsbehandlungen vor allem bei Erkrankungen des Bewegungsapparates zum Einsatz, an Muskeln und Sehnen, Gelenken und Nervenbahnen. Behandelt werden Spannung, Härte, Steifheit, Schmerzen und Sensibilitätsstörungen.

Akupressur eignet sich auch gut zur Vorbeugung und bei leichten und mittelschweren Erkrankungen und Störungen. Gute Erfolge zeigt sie bei körperlichen und/oder psychischen Beschwerden wie Kopfweh, Verspannungen, Übelkeit, Nervosität, Reisekrankheit und Schlafstörungen. Im gynäkologischen Bereich lassen sich damit Menstruationsbeschwerden, Blutungsstörungen, Übelkeit und Erbrechen während der Schwangerschaft behandeln. Auch faltige Haut und Narben können dadurch besser durchblutet werden. Sie ersetzt eine ärztliche Behandlung nicht, kann sie aber ergänzen. Die Wirkung der Akupressur ist nicht so tiefgehend wie die der Akupunktur.

Tuina wird auch bei inneren Krankheiten - beispielsweise grippalen Infekten, Erkältungen, Husten (akute Bronchitis), Störungen der Ausscheidungsfunktionen oder Schlafstörungen und bei gynäkologischen Störungen eingesetzt. Für Kinder wurde eine besonders sanfte Variante der Tuina-Methode entwickelt. Diese Massageform kann etwa bei fieberhaften Infekten, Durchfall oder Gedeihstörungen eine wirksame und nebenwirkungsfreie Behandlungsalternative bieten.

Wirkweise und Wirksamkeit

Für die Akupressur gilt ähnliches wie für die Akupunktur. Die Akupunktur ist die bislang wissenschaftlich am besten untersuchte Richtung der Alternativmedizin. Ihre Wirksamkeit bei Kopfschmerzen zum Beispiel ist belegt.

Risiken und Gefahren

Akupressur und Tuina sollten nicht bei Erkrankungen des Gefäßsystems (Krampfadern, Thrombosen) oder schweren Herz-Kreislauf-Leiden durchgeführt werden. Weitere Ausschließungsgründe sind Entzündungen, Infektionskrankheiten, Osteoporose, Tumoren und frische Verletzungen. Einzelne Punkte dürfen unter bestimmten Umständen nicht behandelt werden: die Hormonpunkte während der Schwangerschaft, weil sie zu einem frühzeitigen Einsetzen der Wehen führen können; die Leib- und Unterleibspunkte nicht bei schweren internistischen Krankheiten. Im Halsbereich soll nur mit leichtem Druck massiert werden. Die Massage sollte immer vorsichtig beginnen, mit langsamem und gleichmäßigem Druck, keinesfalls gewaltsam.

Achtung: Werden Akupressur und Tuina regelmäßig durchgeführt, ist es möglich, dass Symptome stark abgemildert werden, sodass vielleicht Hinweise auf eine ernsthafte Erkrankung übersehen werden können.

Therapeutensuche

Seriöse Therapeuten sollten einer Fachgesellschaft (Deutschland) angehören, die für eine Qualitätssicherung bei Ausbildung und Behandlung garantiert. In Österreich gibt der Dachverband der österreichischen Ärzte für Ganzheitsmedizin in Wien Auskunft über speziell ausgebildete Mediziner, in Deutschland bietet dies die Patienteninformation für Naturheilkunde in Berlin.