Multitalente für die Gesundheit – Aminosäuren (3)

Heute nun den abschließenden Teil 3 zu den Aminosäuren. Ich möchte vorab noch einmal um Verständnis bitten, wenn Ihnen diese Übersicht zu "technisch" erscheint. Nun kann ich aber nicht immer alles ganz einfach beschreiben und unter den Lesern der Gesundheitsbriefe gibt es auch eine Menge Profis, die - wie sie mir schreiben - auch gern solche Übersichten haben, weil sie diese Informationen auch beruflich verwerten können. Ich bitte also um Nachsicht, wenn ich den heutigen letzten Teil so belasse wie er ist: Eine Zusammenfassung für Profis und solche Leser, die sich tiefergehend mit den Aminosäuren beschäftigen möchten. 

Die Orthomolekulare Medizin (OM) verwendet zur Prävention und zur Behandlung ernährungsabhängiger bzw. chronisch degenerativer Erkrankungen keine körperfremden Substanzen. Zu den orthomolekularen Substanzen gehören auch die Aminosäuren, deren therapeutisches Potenzial erfreulicherweise zunehmend erkannt und auch genutzt wird. Heute erhalten Sie Teil 3 der Übersicht über Aminosäuren.

Methionin

Methionin ist eine schwefelhaltige essenzielle Aminosäure. Sie ist Ausgangssubstanz für die Bildung von Cystein und via Cystein auch für das Tripeptid Glutathion. Aus Methionin wird unter ATP-Verbrauch S-Adenosyl-Methionin (SAM) gebildet, der wichtigste Molekülgruppendonator im Stoffwechsel. Bis dato wurden mehr als 40 SAM-abhängige Methyltransferasen identifiziert. Zu den Verbindungen, deren Methylgruppen von SAM stammen, zählen: Carnitin, Cholin, Kreatin, Adrenalin, Melatonin, methylierte Basen, Methylhistidin etc. Bei den Transmethylierungen geht SAM in S-Adenosylhomocystein über, aus dem dann das Homocystein entsteht. Homocystein wird entweder zu Methionin zurückverwandelt (remethyliert) oder durch Transsulfurierung zu Cystein verstoffwechselt.

Methionin ist eine wichtige Protonen- und Schwefelquelle im Stoffwechsel. Verschiedene endogene Substanzen, wie z.B. Katecholamine und Steroidhormone, und Xenobiotika, z.B. Paracetamol, werden durch Sulfatierung entgiftet. Methionin besitzt lipotrope Eigenschaften, d.h. es kann die übermäßige Fetteinlagerung in der Leber verhindern; ferner wird es bei Harnwegsinfekten zur Harnansäuerung verwendet und kann außerdem bei Allergien zur Beschleunigung des Abbaus von Histamin hilfreich sein. Eine zu hohe Methioninzufuhr sollte vermieden werden, da diese eine latente Acidose und eine vermehrte Calciumausscheidung verursachen kann.

Ornithin

Neben Arginin und Citrullin ist auch Ornithin ein Metabolit des Harnstoffzyklus. Eine Supplementierung von Ornithinaspartat ist eine bewährte und häufig durchgeführte Maßnahme bei Patienten mit Leberzirrhose. Diese Substanz führt zu einer deutlichen Besserung der Leberfunktion. Bei leichten Leberfunktionsstörungen kann eine Ornithinsupplementierung den Heilungsverlauf begünstigen. Ebenso wie Arginin kann Ornithin die Hypophyse zu einer verstärkten Sekretion von STH anregen, die aber nur bei ziemlich hohen Dosierungen zuverlässig nachgewiesen ist.

Prolin

Prolin ist eine nicht essenzielle Aminosäure, die aus Glutamat gebildet werden kann. Aus Prolin entsteht oftmals Hydroxyprolin, ein wichtiger Bestandteil der Collagene. Die Collagene haben immerhin einen Anteil von 30 Prozent an der Gesamtproteinmenge des menschlichen Organismus. Hydroxyprolin wird beim Abbau der Knochencollagene durch Osteoklasten freigesetzt, in der Leber verstoffwechselt und/ oder über den Urin ausgeschieden. Hydroxyprolin im Urin ist ein Marker für den Knochenabbau. Eine Prolinsupplementierung ist häufig sinnvoll bei Wundheilungsstörungen sowie zur Prävention der Osteoporose und Faltenbildung. Nicht selten finden sich im Blutserum auch erhöhte Konzentrationen, die dann meist ein Hinweis auf chronisch hohen Alkoholkonsum oder auf einen zirrhotischen Umbau der Leber sind.

Serin

Serin ist eine nicht-essenzielle Aminosäure; sie lässt sich leicht in Glycin und dieses wieder in Serin umwandeln.

Serin ist die Ausgangssubstanz für die Bildung von Cholin, Acetylcholin und Phosphatidylserin und spielt eine bedeutende Rolle beim Methionin-/ Homocysteinmetabolismus. Die Methylgruppe des Serins wird für die Bildung von 5-Methyl-THF aus THF benötigt. Somit ist die Remethylierung des Homocysteins von einer ausreichenden Verfügbarkeit des Serins abhängig. Außerdem ist Serin an der Cysteinbildung aus S-Adenosyl-Homocystein beteiligt. Es konnte nachgewiesen werden, dass durch eine Serinsupplementierung der Homocysteinanstieg nach Methioninbelastung wesentlich geringer ausfällt. Eine Serinsupplementierung kann auch zur Verbesserung der Cholin-/ Acetylcholinsynthese in Frage kommen.

Es gibt Hinweise aus Studien, dass bei psychotischen Patienten das Serin-/ Cysteinverhältnis aus dem Gleichgewicht ist: Serin im Verhältnis zu Cystein ist bei diesen deutlich höher als bei gesunden Probanden. Nachgewiesen wurde auch, dass durch die Einnahme von Serin die Serumkonzentrationen bei psychotischen Patienten sehr viel stärker ansteigen als bei gesunden Probanden. Bei Psychosen könnte also eine Störung des Serinstoffwechsels vorliegen, deshalb sollte Serin in solchen Fällen nicht supplementiert werden.

Taurin

Taurin ist ein Aminosäurenderivat, das aus Cystein gebildet wird. Etwa ein Drittel des Cysteins wird normalerweise im menschlichen Stoffwechsel zu Taurin umgewandelt. Taurin ist nicht an der Proteinsynthese beteiligt, sondern befindet sich in freier Form im Blut und in den Geweben. Nach Glutamin hat Taurin die höchste Konzentration im Pool freier Aminosäuren. Verschiedene Gewebe sind besonders taurinreich, z.B. das ZNS, die Retina, die Lymphozyten und die Thrombozyten. Für Frühgeborene und Kleinkinder ist Taurin essenziell. Im Rahmen einer Mikronährstofftherapie gibt es für Taurin viele verschiedene Indikationen.

Taurin bildet mit Gallensäuren Konjugate und verbessert damit die Ausscheidung von Gallensäuren, wodurch das Risiko für Gallensteine gesenkt wird. Es vermindert auch die Hepatotoxizität verschiedener Xenobiotika. Einige Funktionen von Taurin werden über Calcium vermittelt, z.B. die Modulation der Signalübertragung, die positiv inotrope und antiarrhythmische Wirkung am Herzmuskel, die Stabilisierung neuraler Membranen in Retina und ZNS und die Verminderung der Thrombozytenaggregation. Inzwischen wird Taurin sowohl als Neurotransmitter als auch als Neuromodulator eingestuft. Zu den Anwendungsgebieten einer Taurinsupplementierung gehören Augenerkrankungen, z.B. die Makuladegeneration, und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In Studien zeigte sich, dass Diabetiker im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen teilweise erniedrigte Taurinspiegel haben. Eine \Supplementierung mit Taurin dient möglicherweise der Prävention diabetischer Spätschäden. Auch bei chronischen Nierenerkrankungen sind die Taurinspiegel meist deutlich reduziert. Taurin schützt die Membranen der Glomeruli und des Tubulusepithels. Hilfreich ist Taurin auch bei entzündlichen Lungenerkrankungen.

Threonin

Threonin ist eine essenzielle Aminosäure, aus der Glycin und Serin gebildet werden können; Threonin kann auch 0-glykosidische Verbindungen mit Kohlenhydraten erzeugen. Besonders threoninreiche Moleküle sind die Mucine, organische Schleimstoffe zum Schutz der Schleimhäute. Threoninreiche Verbindungen sind sehr Proteolyse-stabil, d.h. sie werden nur schwierig abgebaut.

Niedrige Threoninkonzentrtionen im Blutserum/ Plasma sind oftmals ein Hinweis auf Maldigestion und/ oder Pankreasinsuffizienz. Threoninsupplemente können mit Erfolg zur Dämpfung der neuromuskulären Erregbarkeit und zur Stärkung des Immunsystems eingesetzt werden. Bei Patienten mit gastroenterologischen Erkrankungen ist oftmals eine Threonin-Supplementi erung angezeigt.

Phenylalanin/ Tyrosin

Phenylalanin ist eine essenzielle Aminosäure, die für die Proteinsynthese benötigt wird und gleichzeitig als Vorstufe für die Bildung von Tyrosin dient. Für Frühgeborene und auch Neugeborene ist Tyrosin eine essenzielle Aminosäure, da dessen Bildung aus Phenylalanin noch nicht erfolgen kann. Tyrosin ist Vorstufe der Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin sowie der Schilddrüsenhormone Tyroxin und Trijodtyronin; außerdem wird es für die Bildung des Coenzyms Q10 und des Farbpigments Melanin benötigt.

Im Frühstadium des Morbus Parkinson kann eine Tyrosinsupplementierung zur Erhöhung der Dopaminkonzentration sinnvoll sein. Da ein Mangel an Noradrenalin auch bei Depressionen eine Rolle spielen kann, ist eine Tyrosinsupplementierung für manchen depressiven Patienten hilfreich. Ferner kann der Tyrosinbedarf in chronischen Stresssituationen aufgrund des vermehrten Katecholaminverbrauchs erhöht sein. Durch eine Tyrosinsupplementierung können dann Hirnleistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit verbessert werden.

Tryptophan

Tryptophan ist eine essenzielle Aminosäure und gleichzeitig die Aminosäure, die in Nahrungsmitteln am seltensten vorkommt. Sie ist die Ausgangssubstanz für die Bildung des Neurotransmitters Serotonin und des Epiphysenhormons Melatonin. Serotonin ist ein wichtiger Neurotransmitter, der über verschiedene Rezeptorentypen ganz unterschiedliche biologische Wirkungen entfaltet. Serotonin ist z.B. an der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus, der Stimmungslage, der Schmerzempfindung, der Appetitkontrolle und des Endokrinums beteiligt. Durch eine Tryptophansupplementierung kann die Serotoninkonzentration im ZNS effektiv angehoben werden. Dabei ist es zweckmäßig, Tryptophan zusammen mit Kohlenhydraten einzunehmen aus folgendem Grund: Tryptophan ist die einzige Aminosäure, deren Konzentration durch die Insulinwirkung nicht vermindert wird und die deshalb eine größere Chance hat, durch die Blut-HirnSchranke ins ZNS zu gelangen.

Aus Tryptophan kann auch Niacin gebildet werden, wobei man davon ausgeht, dass 60 mg Tryptophan benötigt werden, um 1 mg Niacin zu erzeugen.

Niedrige Tryptophankonzentrationen treten sehr häufig auf und sind meist mit psychischen Befindlichkeitsstörungen wie Depressionsneigung, Nervosität, Ängstlichkeit etc. assoziiert. Im Falle einer Supplementierung der aromatischen Aminosäuren Tryptophan, Tyrosin und Phenylalanin bei chronischen Lebererkrankungen ist äußerste Vorsicht geboten, da es möglicherweise zur Bildung so genannter falscher Neurotransmitter oder zu Neurotransmitter-Imbalancen kommen kann.