Glutamin und Glutamat – Heilmittel und Rauschmittel im direkten Vergleich

Ich möchte Ihnen heute zwei Stoffe vorstellen, die sehr eng verwandt sind: Die Aminosäure Glutamin und Glutamat, das Salz der Glutaminsäure. Sie erinnern sich vielleicht noch an den Chemieunterricht: Wenn man eine Säure mit einem zusätzlichen Element verbindet, bekommt man ein Salz und man fügt dann zur Kennzeichnung der neu entstandenen chemischen Verbindung die Endung „..at“ an (z.B. „Magnesiumzitrat“ als Verbindung des Metalls Magnesium mit der Zitronensäure, „Kalziumascorbat“ als Verbindung von Kalzium und Ascorbinsäure). Viele von Ihnen werden vielleicht wissen, dass Glutamat ein Wirkstoff ist, der vom Menschen „erfunden“ wurde und dass Glutamin eine Aminosäure ist, die im menschlichem Körper natürlich vorkommt und dort lebenswichtige Aufgaben hat. Gelegentlich kommt es nun zu Irritationen, weil viele Menschen Glutamin und Glutamat fälscherweise gleichsetzen. Wir wollen uns heute beide Stoffe ein wenig näher ansehen.

Doch zuvor ist ein Exkurs in das Lebensmittelrecht erforderlich:

  • technologische Eigenschaften wie Backfähigkeit, Streichfähigkeit oder Maschinentauglichkeit
  • chemische Eigenschaften wie Oxidationsfähigkeit
  • Verhalten einzelner Zutaten zueinander
  • Genuss und Aussehen des Lebensmittels
  • ernährungsphysiologische Eigenschaften

Für Lebensmittelzusatzstoffe besteht das Verbotsprinzip – das bedeutet, alle Stoffe, die nicht ausdrücklich erlaubt sind, sind automatisch verboten. In Deutschland regelt die „Zusatzstoff-Zulassungsverordnung – ZZulV“ deren Anwendung. Die meisten Zusatzstoffe sind nur für bestimmte Lebensmittel und nur in limitierter Menge zulässig. Wenn keine Höchstmengen vorgeschrieben sind, gelten die Regeln der Guten Herstellungspraxis ("Good Manufacturing Practice", GMP): „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ („quantum satis“, „qs“). Aber auch dann ist der Zusatz dieser Stoffe nur erlaubt, wenn sie

  • technologisch notwendig sind (z. B. zur Verhinderung des Verderbs, Verbesserung des Aussehens, Geschmacks etc.)
  • den Verbraucher nicht täuschen
  • gesundheitlich unbedenklich sind

Um die verschiedenen Zusatzstoffe in der Europäischen Union zu ordnen, wurden die E-Nummern eingeführt, die in allen Ländern der Europäischen Union gelten. (E steht hierbei für „Europäische Union“ aber auch für „edible“ = engl. für essbar.) Mit ihrer Hilfe ist es möglich, die verwendeten Zusatzstoffe sprachunabhängig zu identifizieren. Stoffe erhalten eine E-Nummer, sobald die interessierten Firmen bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit um eine Zulassung anfragen und dabei wissenschaftliche Dokumente vorlegen, die die Unbedenklichkeit bestätigen. Dabei darf die „Erlaubte Tagesdosis“ (engl. „Acceptable Daily Intake“ (ADI)) nicht überschritten werden. Wenn diese Dokumente nachweisen, dass diese Stoffe die Gesundheit nicht gefährden und als sicher eingestuft werden können, erhalten sie eine Zulassung. Insgesamt gibt es zurzeit in der EU 305 zugelassene Zusatzstoffe. Für die Beurteilung sind zuständig:

  • in Deutschland: „Bundesinstitut für Risikobewertung“
  • in der EU: der so genannte „Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss“ (Scientific Committee on Food (SCF))

Für andere Länder: Gremium aus Experten der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) und der World Health Organisation (WHO), das JECFA-Committee (Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives)

Außerhalb der EU werden die E-Nummern auch in Australien und Neuseeland sowie von der FAO (Sonderorganisation der UNO) verwendet. Es ist daher damit zu rechnen, dass die Systematik der E-Nummer in Zukunft in weiteren Ländern Anwendung findet. Aus diesem Grund gibt es weitere Zusatzstoffe mit E-Nummern, die nicht in der EU zugelassen sind. Häufig wird bei der Bezeichnung das E weggelassen (Beispiel „1451“ anstelle von E 1451). Bei der FAO werden die Nummern als INS-Nummern bezeichnet.

Lebensmittelzusatzstoffe müssen für den Verbraucher in der Zutatenliste angegeben werden (Verbraucherschutz) – entweder mit ihrem wissenschaftlichen bzw. Trivial-Namen oder mit der E-Nummer.

Soweit die gesetzlichen Grundlagen.

Glutamat – das Salz der Glutaminsäure (aber keineswegs das Salz des Lebens)

Fangen wir mit dem in vielen Würzmitteln und Fertiggerichten enthaltenem Glutamat (meist Mononatriumglutamat) an. Es gibt – tröstlicherweise – eine gesetzliche Pflicht, auf den Verpackungen von Lebensmitteln den Einsatz oder die Beimischung dieses Stoffes zu kennzeichnen. Die Frage ist jedoch, wer weiß eigentlich, was das für ein „Teufelszeug“ ist? Marie von Ebner-Eschenbach, eine österreichische Erzählerin (1830-1916) hat einmal gesagt: „Wer nichts weiß, muss alles glauben.“ Man könnte meinen, dass wenn unsere Lebensmittelindustrie einen Stoff verwendet, der auf den Verpackungen erwähnt werden muss, das dieser Stoff per definitionem „unschädlich“ ist.

„Die da“ werden uns doch nicht etwas beimischen, dass „giftig“ ist, oder?

Zunächst wieder etwas Chemie: Glutamat gibt es in verschiedenen Ausprägungen: Es gibt Natriumglutamat (E621), Monokaliumglutamat (E622), Kalziumdiglutamat (E623), Monoammoniumglutamat (E624) und schließlich das Magnesiumglutamat (E625). Alle diese Stoffe werden als „Geschmacksverstärker“ eingesetzt und gehören zur großen Gruppe der Lebensmittelzusatzstoffe. Zum Vergleich: Glutamin (oder Glutaminsäure) steht als reiner Stoff auch auf der Liste der Lebensmittelzusatzstoffe und hat dort die Nummer E620. Und auch Glutaminsäure wird auf dieser Liste als „Geschmacksverstärker“ eingeordnet.

Hier haben wir schon die Ursache des Problems der häufig von Leuten gemachten „Gleichsetzung“: Glutamat = Geschmacksverbesserer = Giftstoff = Glutamin = Gift = Geschmacksverbesserer usw. Aber wir wollen ja heute „differenzieren“ statt „gleichsetzen“.

Die verschiedenen Ausprägungen des Glutamats sind in ihrer Wirkungsweise fast identisch. Deshalb werden sie meist zusammenfassend als „Glutamat“ bezeichnet. Diese Glutamate können übrigens gentechnisch hergestellt werden. Glutamate sind „Geschmcksverstärker“, keine „Gewürze“. Aus neurologischer Sicht ist Glutamat ein Rauschgift, eine suchterzeugende Aminosäureverbindung, die über die Schleimhäute ins Blut eindringt und von dort direkt ins Gehirn gelangt. Die kleinen Moleküle des Glutamats überwinden problemlos die sonst schützende Blut-Hirn-Schranke. Es macht nicht wie andere Rauschgifte „high“, sondern erzeugt künstlich Appetit, indem es u.a. die Funktion unseres Stammhirns stört, welches elementare Körperfunktionen und Gefühlswahrnehmungen regelt und damit auch den Hunger. Glutamate können können Schweißausbrüche und Stresswirkungen verursachen wie beispielsweise Bluthochdruck, Herzklopfen, Magenschmerzen und bei sensiblen Menschen auch Migräne. Glutamat schränkt für ein paar Stunden Sinneswahrnehmung, Konzentration und Lernfähigkeit ein. Bei Allergikern kann es zu epileptischen Anfällen kommen, schlimmstenfalss sogar zu Tod durch Atemlähmung.

Glutamate entfachen unabhängig vom Aroma eines Lebensmittels eine verstärkte Geschmackswahrnehmung und ein künstliches Hungergefühl im Gehirn. Böse Zungen sagen, dass durch Glutamat der Absatz geschmacklich ungenießbarer Produkte erst ermöglicht würde. So mundet eine Spargelcremesuppe aus der Tüte gut, ohne den Geschmacksverstärker würde sie nach salziger Mehlpampe schmecken.

Schauen wir uns im Vergleich zu den Glutamaten jetzt einmal die Glutaminsäure an:

Glutamin und Glutaminsäure - Aminosäuren mit vielfältigem Nutzen

Glutaminsäure gehört zunächst mengenmäßig zu den Hauptbestandteilen alle Eiweiße. Besonders reiche Quellen für diese Aminosäure sind Weizen, Mais und Soja, Geflügel, Milchprodukte und Eier. Wir bekommen Glutaminsäure überwiegend mit der täglichen Nahrung, ein kleiner Teil kann vom Körper selbst aus anderen Aminosäuren gebildet werden.

Wir brauchen Glutaminsäure hauptsächlich für die Synthese körpereigener Eiweiße und für die Umwandlung in Glutamin, welches viele wichtige Funktionen im Körper hat, zu denen u.a. die Umwandlung zu Gamma-Aminobuttersäure (GABS) im Gehirn gehört. Sowohl Glutamain als auch GABS sind in der Nahrung nur in Spuren enthalten.

Welche Funktionen erfüllt Glutamin im Körper?

  • Es ist die wichtigste Energiequelle in den Zellen, insbesondere für die Darmwände und die weißen Blutkörperchen
  • Glutamin stabilisiert den Blutzuckerspiegel, da es von der Leber aufgenommen und in Glukose umgewandelt werden kann
  • Zusammen mit der Aminosäure Cystein bildet es das wichtigste Antioxidans des Körpers in jeder Zelle: das Glutathion
  • Glutamin kann vom Gehirn aufgenommen und zu Gamma-Amiono-Buttersäure umgewandelt werden. Diese Substanz GABS beruhigt und besänftigt die Nervenbahnen

Wie kann man Glutamin körperunterstützend einsetzen?

  • Als Hauptenergiequelle der Immunzellen kann Glutamin das Immunsystem stärken, die Produktion der weißen Blutkörperchen anregen und ihre Funktion positiv beeinflussen, besonders unter körperlichem Stress
  • Gamma-Amino-Buttersäure (GABS) vermag hohen Blutdruck zu senken
  • Reizbare, nervöse, ängstliche und an Schlaflosigkeit leidende Menschen profitieren von Glutamin, weil es eine bruhigende Wirkung hat
  • Nach Verbrennungen, Verletzungen, Operationen und bei chronischen Krankhaietn haben Darm, Leber und Immunzellen einen deutlich erhöhten Bedarf an Glutamin
  • Als wichtige Energiequelle für die Darmzellen nützt Glutamin allen Patienten, die an Colitus ulcerosa, Morbus Crohn, entzündlichem Durchfall leiden. Glutamin ist angesagt nach Darmoperationen.
  • Es kann ebenso Magengeschwüren und Magenentzündugen entgegenwirken, die auf die Einnahme von Aspirin oder Alkohol zurückgehen
  • Glutamin – zusammen mit Cystein eingenommen – kann den Glutathion-Spiegel in Leber und Darm anheben und damit die Fähigkeit des Körpers erhöhen, sich selbst zu entgiften.
  • Glutamin kann unerwünschte Nebenwirkungen der Chemotherapie verringern, indem es die Entgiftung des Körpers fördert
  • Glutamin unterdrückt das Verlangen nach Alkohol und verringert Angstzustände, außerdem d#ämpft es insgesamt die Entzugserscheinungen
  • Da es den Aufbau der Darmschleimhaut unterstützt, hilft Glutamin auch bei Neurodermitis (in diesem Fll eine Dosierung von 1,5 bis 3,0 g täglich)

Wie wendet man Glutamin an?

Dosierung: 2 bis 12 g täglich

Gamma-Amino-Buttersäure: 1 bis 3 g täglich

Um die Synthese von Glutathion und den Schutz vor Oxidation zu erhöhen, nimmt man Glutamin zusammen mit Cystein und Vitamin B6 ein.

Achtung Überdosierung: Sehr hohe Dosen Glutamin können auch den Glutamat-Spiegel im Körper erhöhen, was Epilepsie und Manie verstärken kann. Gefährdete Menschen sollten hohe Dosierungen meiden. Große Gaben von Gamma-Amino-Buttersäure verursachen Rötung und Kribbeln der Haut.